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■ Sportverbände wollen die Frage, ob eine ihrer Spitzenathletinnen überhaupt nicht behindert ist, diskret klärenMartina Müller sagt: „Alles haltlose Anschuldigungen“

Nach wie vor lebt Martina Müller das Leben einer Querschnittsgelähmten. Eine Krebserkrankung taucht in ihrer Vita nicht auf. „Ich hatte nie Krebs“, stellt sie klar – wie sie überhaupt bestreitet, ihre Krankheiten simuliert zu haben. Auch habe sie niemals eine Krebserkrankung vorgetäuscht. Ein Unfall in der Jugend habe ihr die Wirbelsäule verletzt und sie vorübergehend gelähmt. Einige Jahre später sei die Lähmung wieder aufgetreten, diesmal irreparabel. Müller ist inzwischen verrentet, wegen einer anderen Krankheit. Sie nimmt am sportlichen Leben teil, erhielt eine hohe Auszeichnung und hat Ambitionen im internationalen Behindertenleistungssport. Beobachter ihrer Karriere halten es für unmöglich, daß ihre Lähmung simuliert ist.

Unterdessen gingen bei den Funktionären der zuständigen Sportverbände Schreiben aus dem ehemaligen Bekanntenkreis Müllers ein. In diesen Briefen wird auf die Unstimmigkeiten in ihrem Lebenslauf hingewiesen und der Verdacht geäußert, sportliche Erfolge und Auszeichnungen unter „Vortäuschung falscher Tatsachen“ erreicht zu haben. Unter Hinweis auf die Tragweite der Anschuldigungen für Müllers gesamtes soziales Umfeld sowie aus Angst vor unsachgemäßer Berichterstattung, die den ganzen Behindertensport in Verruf bringen könne, wollen die Verbände die Angelegenheit so diskret wie möglich klären.

Das heißt im wesentlichen, daß durch drei Hierarchieebenen hindurch eine Anfrage weitergeleitet wurde. Die Antwort darauf: die Kopie eines alten Attests des Vereinsarztes, aufgrund dessen Müller seinerzeit als behinderte Sportlerin eingestuft wurde. Eine neue klinische Untersuchung hingegen wird es nicht geben, so der zuständige Verband.

Martina Müller nennt die in den Briefen an die Sportverbände formulierten Anschuldigungen und den Vorwurf, eine Simulantin zu sein, „haltlos“. Sie gibt darüber hinaus an, nie wegen eines Münchhausensyndroms in psychiatrischer Behandlung gewesen zu sein. Einen Brief, in dem Martina Müller – kurz nach dem Eklat in ihrem früheren Bekanntenkreis – eine vorgetäuschte Leukämieerkrankung einräumt, möchte sie auf Nachfrage nicht kommentieren. Stefan Schmitt

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