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Sportkonflikt zwischen Iran und IsraelUnpolitisches Politikum

Irans Judoverband wird gesperrt. Saeid Mollaei, der 2019 nicht gegen einen Israeli antreten sollte, kämpft nun für die Mongolei.

Zurück auf der Matte: Saeid Mollaei Foto: reuters

Berlin taz | Der Fall des aus dem Iran stammenden Judoka Saeid Mollaei ist ein schönes Beispiel dafür, wie politisch der Sport werden kann, wenn ein Sportler unpolitisch sein möchte. In der jüngsten Volte dieses sportpolitischen Thrillers hat der Internationale Judo-Verband IJF den Verband des Iran nun für vier Jahre für alle internationale Wettkämpfe gesperrt.

Seinen Ausgang genommen hatte der Krimi im August 2019 bei den Judo-Weltmeisterschaften in Tokio. Die Iraner wollten verhindern, dass Saeid Mollaei auf den Israeli Sagi Muki trifft,und forderten ihren Starjudoka, der 2018 Weltmeister geworden war, auf, im Viertelfinale einfach nicht anzutreten. Mollaei trat an und machte später publik, dass er unter Druck gesetzt worden war. Nach der WM setzte er sich von seiner Mannschaft ab und floh nach Deutschland.

Mit der Vierjahressperre reagiert der Weltverband auf eine Entscheidung des Internationalen Sportschiedsgericht Cas vom März, der eine zunächst ausgesprochene, unbefristete Sperre des iranischen Verbands für nicht sportrechtens erklärt hatte. Nun gibt es also eine Frist bis September 2023. Der Grund für die Sperre dagegen hat sich nicht geändert. Der Weltverband sieht im Verhalten des iranischen Verbands einen schweren Bruch seiner Statuten sowie der „grundlegenden Prinzipien des Olympismus“. In einer Mitteilung der IJF zur neuerlichen Sperre heißt es, der Verband werde weiterhin gegen jede Diskriminierung im Judosport kämpfen.

Derweil hat sich viel getan im Leben von Saeid Mollaei. Nach der WM in Tokio, bei der er das Halbfinale völlig entnervt verloren hat, sodass er letztlich doch nicht auf seinen israelischen Kontrahenten Muki getroffen ist, floh er nach Deutschland, wo er schnell die Anerkennung als politischer Flüchtling erhielt. Von dort aus verfolgte er die Diskussionen, die seine Flucht ausgelöst hatte. Zeugen bestätigten, dass er während der WM vom stellvertretenden Sportminister des Iran aufgefordert worden ist, schon zum Viertelfinale nicht anzutreten, damit es nicht so aussehe, als wolle er einem möglichen Finale gegen einen israelischen Sportler aus dem Weg gehen.

Als sich Lisa Allen, die für den Weltverband die WM als Wettkampfmanagerin begleitet hat, sich während der WM an Saeid Mollaei gewandt hatte, sei dieser nervlich am Ende gewesen, weil aus dem Iran auch damit gedroht worden war, seiner Familie auf den Leib zu rücken. Das iranische Olympiakomitee behauptete dagegen, der Weltverband habe Mollaei als Geisel genommen.

Flucht nach Deutschland

Der hielt sich derweil in Deutschland auf. Dort hatte er schon vor seiner Flucht Kontakte. In der Judo-Bundesliga war er mit dem KSV Esslingen kurz vor der WM 2019 Vizemeister in der Judo-Bundesliga geworden. Er holte seinen Trainer in den Südwesten und begann schnell wieder mit dem Training.

Das hat sich ausgezahlt. Im Februar dieses Jahres gewann er die Silbermedaille beim Grand-Slam-Turnier des Internationalen Judoverbands. Um diesen wurde in Tel Aviv gekämpft. Dementsprechend groß war das Interesse israelischer Medien an Mollaei. Der tritt inzwischen für die Mongolei an, für die er auch bei den Spielen in Tokio an den Start gehen möchte. Möglich macht das die Judoleidenschaft des mongolischen Staatspräsidenten Khaltmaagiin Battulga, der auch mal Präsident des mongolischen Judoverbands gewesen ist. Der stattete Mollaei mit einem Pass aus und hofft nun auf eine weitere Judomedaille bei Olympia. Seit 2004 hat das Land bei allen Spielen Edelmetall auf der Matte gewonnen.

Die Iraner behaupteten, der Weltverband habe Mollaei als Geisel genommen

Saeid Mollaei jedenfalls ist bereit dazu. Während seines Aufenthalts in Israel sagte er dem Nachrichtensender Kan11: „Ich kämpfe nur noch für die Mongolei, nicht mehr für den Iran. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen.“ Welch Politikum sein Fall ist, wird er gespürt haben in Israel. Dort traf Mollaei auch Sagi Muki, den Mann, gegen den er bei der WM 2019 in Tokio nicht hätte kämpfen dürfen und der sich dort dann WM-Gold geholt hat. Zum von vielen Beobachtern erhofften Kampf der beiden Modellathleten in der Klasse bis 81 kg ist es aber nicht gekommen. Der Israeli war überraschend schon in der ersten Runde ausgeschieden.

Dennoch standen die beiden im Mittelpunkt des Interesses. Ein Bild, das Mollaei Arm in Arm mit Sagi Muki zeigt, machte die Runde im Land. Der Israeli postete es auf seinen Social-Media-Kanälen und verkündete, dass die Produktionsgesellschaft Metro Goldwyn Mayer eine Dokuserie mit der Geschichte der beiden Judoka plant. „Ich denke, es ist ein einzigartiges Projekt. Die ganze Geschichte unserer Freundschaft zu enthüllen, wird Modellcharakter haben für das Zusammenbringen der unterschiedlichsten Menschen“, schrieb er auf Face­book. Und: „Wir wollen die Botschaft verbreiten, dass Sport außerhalb der Politik stattfindet und dass wir eine Familie sind.“ Etwas Ähnliches hatte auch Mollaei in Tel Aviv gesagt: „Ich war immer Sportler. Mit Politik hatte ich nichts zu tun.“

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