Sportclubs in Oakland: Kommt ins Coliseum!
Dass Sportclubs in neue Städte ziehen, gehört in den USA zum Geschäft. In Oakland drohen nun gleich drei Teams abzuwandern.
Es ist ein warmer Tag im Herbst. Oakland gibt alles. Eine Band spielt im Stadtzentrum. Die Bürgermeisterin hält Pappschilder hoch, auf denen „Oakland A’s“ und „Oakland Raiders“ steht. Und auch Jim Hines ist da, der 100-Meter-Läufer aus Oakland, der 1968 die 10-Sekunden-Grenze durchbrochen hatte und 15 Jahre lang den Weltrekord hielt.
Die „Oakland rettet seine Sportteams“-Woche hat begonnen. Man kann wirklich nicht sagen, dass Oakland sich nicht bemüht. Aber Oakland hat es nicht in der Hand. Es könnte sein, dass die Stadt am Ende trotzdem alle ihre Sportclubs verliert.
Die Athletes, kurz A’s, die gerade in der Major Baseball League einen Gegner nach dem anderen düpieren. Die Raiders, die in der National Football League ihr Auftaktspiel verloren haben, und die Golden State Warriors, Oaklands Basketballer.
Die Warriors hat Oakland wohl schon verloren, an San Francisco, die kalifornische Stadt auf der anderen Seite der Meeresbucht, wo die Leute reicher sind und wo sich Besitzer von Sportclubs höhere Profite versprechen. Es gibt Pläne für den Bau eines neuen Warrior-Stadions in San Francisco.
Für die A’s und für die Oakland Raiders allerdings besteht noch Hoffnung. Deshalb kämpft Jean Quan, die Bürgermeisterin von Oakland. Und Jim Hines, der 100-Meter-Läufer, 66 Jahre heute, er brummelt unter seinem Cap: „Wenn Oakland die A’s verliert, wäre das ein Desaster.“
Keine durchlässigen Profiligen
Lew Wolff sieht das etwas anders. Ihm gehören die A’s. Der Immobilieninvestor hat das Team im Jahre 2005 mit anderen Geldgebern für etwa 180 Millionen Dollar gekauft. Seitdem versucht er, die A’s umzusiedeln.
Die Profiligen der USA sind nicht durchlässig wie etwa die deutschen. Ausgerechnet in dem Land, das von sich gern behauptet, hier könne jeder alles schaffen, ist im Sport kein Aufstieg möglich.
Ein Milliardär könnte sich nicht irgendeinen unterklassigen Club aus Reno, Nevada, kaufen, um ihn mit Weltklasse-Spielern nach oben zu hieven. Auch die Major League Baseball ist ein geschlossenes System: 30 Teams gibt es, 29 aus den USA, eines aus Kanada.
Wenn eine Stadt ein Major-League-Team haben will, muss es eines aus einer anderen Stadt weglocken, weshalb die Oakland Raiders bis in die Neunziger hinein auch einmal die Los Angeles Raiders waren und die San Francisco Giants die New York Giants.
Lew Wolff würde die Oakland A’s gern zu den San José A’s machen. San José ist die größte Stadt im Silicon Valley. Wie San Francisco liegt sie auf der anderen Seite der Pazifikbucht. Wie in San Francisco gäbe es auch in San José viele wohlhabende Unternehmer, die Luxus-Lounges in einem neuen Stadion buchen würden.
EIn neues Stadion müsste her
Nun ist es aber auch so, dass die Gebiete vom Boss der Liga so abgesteckt werden, dass möglichst viele Zuschauer in die Stadien kommen. San José liegt im Einzugsgebiet der San Francisco Giants. Die Giants müssten einen Umzug genehmigen. Aber warum sollten sie?
Die Baseball-Liga will, dass auch auf Oaklands Seite der Bucht Baseball gespielt wird. Es müsste dafür nur ein neues Stadion her. Das alte taugt nichts mehr, darin sind sich alle einig. Als sich Kamera und Mikrofone vor Jean Quan, der Bürgermeisterin, aufbauen, sagt sie: „Oakland ist der beste Ort, um ein Stadion zu bauen.“
30.000 Jobs könne das bringen. Wie konkret sind die Pläne? „Ich werde das nicht diskutieren“, sagt Quan. Die Liga verhandelt mit der Stadt und mit Wolff. Oaklands Stadion heißt Coliseum. Es liegt am Stadtrand in einem Industriegebiet, in dem man allein nicht gern im Dunkeln unterwegs ist.
Auf einem Banner am Stadioneingang hängen die Erfolge der Oakland Athletes. World Championships 1989, 1974, 1973 und 1972. Die Oakland A’s sind weltberühmt, seit Michael Lewis ihnen einen Bestseller gewidmet hat, der zu einem Kinofilm wurde.
Brad Pitt spielte den General Manager der A’s, Billy Beane, der es 2002 schaffte, aus einem Team ohne Geld wieder eine Gewinnermannschaft zu machen. Pitt wurde für den Oscar nominiert.
Zwölf Auswärtsspiel in Serie gewonnen
Billy Bean ist immer noch der General Manager der A’s, seine Methoden werden nun von allen anderen Clubs angewandt, aber gerade in dieser Saison sind die A’s wieder erfolgreich. Zwölf Auswärtsspiele in Serie haben sie gewonnen, Journalisten erinnern an Beanes Serie von 20 Siegen, von der der Hollywood-Film erzählt. Dabei sind die A’s immer noch so arm wie eh und je.
Und eigentlich passen sie gerade deshalb zu Oakland, dieser Stadt mit der hohen Arbeitslosigkeit, mit den Vierteln, in denen so viel geschossen wird, dass die Mordrate zu einer der höchsten in der USA zählt.
West Oakland ist eines dieser Viertel. Dort hat Jim Hines, der 100-Meter-Läufer, die McClymonds High School besucht. Eine Schule, sagt er, die die besten Athleten des Landes hervorbrachte. Oakland ist aber auch eine Stadt voller Hoffnung, mit einem Zentrum, in dem Hipster-Cafés aufmachen, weil immer mehr Leute aus dem teuren San Francisco nach Oakland ziehen.
Die A’s und Oakland und Jim Hines haben gezeigt, dass man nicht viel Geld braucht, um etwas aus sich zu machen. Was wäre das für ein Signal, wenn es keine A’s mehr gäbe?
Billy Beane und Lew Wolff, der Besitzer der Oakland Athletics, wollen endlich einmal Geld haben, um noch mehr aus ihrem Team zu machen. Oakland wird über den Baseball-Finanzausgleich gesponsert, bei dem reiche Teams die weniger reichen unterstützen.
Foot- und Baseball in einem Stadion
Und die Raiders? Sie bleiben wohl am ehesten. Als die Raiders aus Los Angeles zurückkamen, investierte Oakland Millionen ins Stadion und baute mehr Zuschauerränge, sodass man die schönen Berge dahinter nicht mehr sieht.
Oakland ist die einzige Stadt der USA, in der sich ein Footballclub und ein Baseballteam noch ein Stadion teilen. In das hässliche Stadion kommen zu den A’s so wenige Zuschauer wie bei kaum einem anderen Baseball-Team der Liga.
An diesem Dienstagabend sind die Los Angeles Angels im Coliseum zu Gast – und auch Dennis Alvarez ist gekommen. Einer von 11.688 Zuschauern. Ein Witz. Während sich die A’s warm werfen und einschlagen, schaut Alvarez vom Spielfeldrand zu. Er ist 39, trägt eine Sonnenbrille auf der A’s Cap.
Er hat ein Jahresticket. „Wir sind ein Underdog-Team“, sagt er. Die A’s haben so wenig Geld, dass sie sich keine Stars leisten können. Deshalb kaufen sie Rookies ein, Anfänger, die hier oft großartige Karrieren starten, aber auch schnell wieder weg sind, weil der Verein mit ihnen Geld verdienen muss.
„Die A’s dürfen nicht umziehen“, sagt Alvarez. Oakland ist Familie, sagt er, San Francisco businessmäßig. Statistisch-wirtschaftlich betrachtet würde ein Umzug nach San José Sinn machen – für das Team. Oakland würde Jobs verlieren, bei den A’s, im Stadion, in den Hotels.
Die goldenen Siebziger
„Geld, Geld, Geld“, ruft Jim Hines und haut seine Hände in die Luft. Es gehe immer nur ums Geld. „Wenn sich jemand ein Team kaufen kann, dann wird er schon genug Geld haben.“ Dieser Wolff solle sich nicht so anstellen. Hines geht seit Jahrzehnten ins Stadion. Er hat die goldenen Jahre der A’s erlebt, in den Siebzigern.
Man sieht den Rookies beim Werfen zu. Man trinkt ein Bier. „Man sitzt da, schaut das Spiel an und vergisst das Leben da draußen“, sagt er. Vielleicht ist das in Städten wie Oakland wichtiger als in San José oder San Francisco. „Die A’s sind mit dieser Stadt verwachsen“, sagt der Sprecher der Bürgermeisterin. „Über Generationen von Fans hinweg.“
Warum kommen dann so wenige Zuschauer ins Stadion? „Wenn das Team um die Championship spielt, und das werden sie in dieser Saison“, sagt Hines, „kommen auch die Leute wieder.“ Oakland ist gerade ein Team, das Helden schafft. Sie spielen vielleicht um die Meisterschaft, endlich einmal wieder.
Damit hätte zu Beginn der Saison niemand gerechnet. Das nächste Spiel muss ausverkauft sein, fordert die Bürgermeisterin an ihrem Stand. Und siehe da: Das nächste Spiel ist ausverkauft. Ein Freitagabend, 35.067 Zuschauer. Die A’s schlagen die Baltimore Orioles.
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