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Spontaner Streik bei BBC

■ Arbeitsniederlegung bei BBC Mannheim wegen eines Interviews / Der Konflikt um Arbeitsplatzvernichtung wird härter

Mannheim (taz) - Spontan verließen gestern morgen 4.000 bis 5.000 Beschäftigte von BBC in Mannheim–Käfertal ihre Arbeitsplätze und zogen zum BBC–Hochhaus. Der Grund der Arbeitsniederlegung: ein gerade erschienenes Interview des BBC–Vorstandsvorsitzenden, Eberhard v.Koerber, im Lokalblatt „Mannheimer Morgen“. Dort hatte v.Koerber eine scharfe Attacke gegen den Betriebsrat gefahren und zudem auf die Frage nach dem unternehmerischen Konzept erklärt: „Unser Konzept ist sehr einfach. Dort wo wir Verluste machen, müssen wir diese Verluste beseitigen.“ Zwei Tage zuvor noch hatte sich nämlich v.Koerber bei einem gemeinsamen Gespräch mit Betriebsräten und Ministerpräsident Lothar Späth die in der Öffentlichkeit gehandelte Zahl von 4.000 zu streichenden Arbeitsplätzen als „Gedankenspielerei“ bezeichnet. Im Gespräch mit dem Mannheimer Morgen ging es dann nur noch um ein Konzept, „bei einem Arbeitsplatzabbau in dieser Größenordnung die Zahl der Entlassungen, die dann tatsächlich nicht zu vermeiden sind, so klein wie möglich zu gestalten“. Diese Formulierungen brachten die BBC derart in Harnisch, daß sie spontan streikten und mit gewaltigen „Koerber–raus–Rufen“ zum Versammlungsort strebten. Bei dem gemeinsamen Gespräch mit Späth hatte die Unternehmensleitung auch angeboten, neue Geschäftsbereiche im umwelttechnischen und im High– Tech–Bereich zu erschließen. Doch auch dazu schwieg der Konzernchef im besagten Interview. „Das Vertrauen ist total erschüttert. Wir glauben dem nichts mehr“, sagte Betriebsrat Walter Müller gegenüber der taz. Er vermutet, daß gerade die Äusserungen v.Koerbers zu neuen Geschäftsbereichen wie Umwelttechnik und High Tech nur gemacht worden seien, um den „auf diese Themen leicht anspringenden Ministerpräsidenten“ zu beruhigen. Felix Kurz

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