■ „Ronald McDonald“ goes Goetheplatz: Sponsoring-Idee spaltet Theater
Da staunte die Passantin, und der Spaziergänger wunderte sich: Eine gut sieben Meter große, gelb-rot-gestreifte Figur mit Clownskopf hing da halb hockend, halb stehend unterm Säulenportikus des Theaters und blickte halb glotzend, halb grinsend hinunter auf den Goetheplatz. Die Kenner kulinarischer Niederungen, die weltweit in die Hundertmillionen und selbst in Bremen in die Zehntausende gehen sollen, wußten sofort Bescheid und fragten: „Was macht'n der ,Ronald McDonald' am Theater?“ Werbung etwa? Und für was?
Seit das Musikfest erfolgreich bei den Firmen betteln geht; seit die Bremer Landesbank für Bertolt Brechts Satz „Was ist schon der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ über den dialektischen Schatten sprang und Andrej Worons „Dreigroschenoper“ mit einem sechsstelligen Betrag sponsorte, weht ein neuer Wind in der Hansestadt: Sponsoring ist konzertsaal- und theaterfähig geworden, und Joachim Lux, der neue Chefdramaturg am Bremer Theater möchte mitpusten.
Schon an seiner letzten Arbeits stätte, dem Düsseldorfer Schauspielhaus, soll er mit Plakatwänden, mit der Verbreitung von „Kulturbeuteln“ sowie mit einer Großauflage von Romeo-und-Julia-Bierdeckeln in die Kunst der Werbung involviert gewesen sein.
Jetzo in Bremen nahm er - wie ein McDonalds-Sprecher gegenüber der taz bestätigte - Kontakt mit dem Bouletten riesen auf, um „'ne gemeinschaftliche Sache aufzuziehen“.
Für „MacBu“, die nach Bouletten klingende Inszenierung der Macbeth-König-Übü-Collage, wollte man in den Tauschhandel gehen. Werbung gegen Werbung, läßt sich die Chose zusammenfassen, die mit einem Minibudget von rund 4.000 Mark große Wirkung entfalten sollte.
Dem Vernehmen nach wollte der Fast-Food-Gigant nicht nur eine Anzeige schalten und in den sogenannten Restaurants Hinweise auf das Schauspiel aushängen, sondern auch den Druck von Plakaten und Postkarten finanzieren. Als Gegenleistung sollte „Ronald McDonald“ zum Burger- oder Bürgerkönig Übü gekrönt, mit Material aus dem Fundus ausstaffiert werden und für einige Wochen vorm Theater den wechselseitigen Werbeträger spielen.
„McDonalds und Kultur wär ja auch nicht verkehrt, dachten wir“, doch irgendwie sei das alles viel zu kurzfristig gewesen bei all den langen Entscheidungswegen, und so hätte der Herr Lux am Sonnabend nachmittag angerufen, um die Sache zu kippen.
Bürger und Burger, Sandwich und Collage: Das fanden wir witzig, hieß es in der Pro-Fraktion im Theater, wo die ganze Sache ihren Gang ging und Staub aufwirbelte.
Denn während die Techniker den unverkleideten Ronald probeweise an der Fassade des Musentempels aufhängten, tobte und endete hinter den Kulissen, den berühmten, ein Streit über die Burger-Connection, weil sie nicht jedem schmeckte.
Vor allem den SchauspielerInnen aus dem „MacBu“-Ensemble war der Appetit vergangen, und so protestierten sie, stritten und zettelten, bis die ganze Sache in einer akrobatischen Einzelleistung gipfelte: Kühn wie Messmers Reinhold kletterte ein erboster Schauspieler aus dem Ensemble auf die Fassade und rückte „Ronald McDonald“ zu Leibe und schnitt ihn ab.
Eine Grundsatzdebatte will man am Theater demnächst führen, doch erstmal steht die „MacBu“-Premiere auf dem Programm: Am kommenden Sonntag, im Schauspielhaus, ohne „Ronald McDonald“.
Christian Waltersson
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