Spitzenspiel in der Frauen-Bundesliga: Mit Hand und Fuß
Der FC Bayern München ist nach einem 1:0-Sieg über den aktuellen Meister VfL Wolfsburg seinem vierten Titel ein entscheidendes Stück näher gekommen.
Dunkle Wolken zogen am Samstagabend übers Stadion auf dem Bayern-Campus im Norden Münchens, kurz nach dem Anpfiff des Spitzenspiels zwischen den Frauen des FC Bayern und dem VfL Wolfsburg wechselten sich Nieselregen und Sonnenschein in schneller Folge ab. Was dazu führte, dass sich ein prächtiger Regenbogen übers Stadion spannte. Die Spielerinnen auf dem Platz nahmen das Naturschauspiel natürlich nicht wahr, dafür ging es um viel zu viel.
Auf dem Rasen entwickelte sich schnell ein dramatischer und intensiver Schlagabtausch zwischen den beiden Schwergewichten des deutschen Frauenfußballs, den die Münchnerinnen am Ende mit 1:0 für sich entscheiden konnten. Der FC Bayern zog sechs Spieltage vorm Ende an den Rivalinnen aus der Autostadt vorbei und setzte sich mit einem Punkt Vorsprung an die Tabellenspitze. Die Meisterschaft scheint nun greifbar für die Mannschaft von Trainer Alexander Straus. „Das Spiel war beste Werbung für den deutschen Frauenfußball. Beide Teams haben auf sehr hohem Niveau agiert. Am Ende haben wir verdient gewonnen, weil wir die bessere Kontrolle über das Spiel hatten. Für uns ist es ein ganz wichtiger Sieg“, sagte der Norweger.
Aus der Bayern-Kabine dröhnte Partymusik. Dennoch waren alle bemüht, die Fragen nach einer Vorentscheidung in der Meisterschaft abzuwehren. „Die Chancen sind jetzt besser, als sie noch heute Morgen waren. Aber es ist noch nicht vorbei, das muss uns klar sein“, sagte Straus. „Es ist, wie es ist. Jetzt sind wir die Jäger“, nahm Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot den Rollentausch an. Verdient war der Sieg für die Bayern vor allem aufgrund einer starken ersten Halbzeit.
Nach einer Viertelstunde parierte die VfL-Torhüterin Merle Frohms einen Schuss von Sydney Lohmann, wenige Minuten später hämmerte Georgia Stanway den Ball an die Latte. Nach einer halben Stunde retteten wieder Frohms und das Aluminium. Die Nationaltorhüterin lenkte einen Kopfball von Lohmann an die Latte, Dominique Janssen klärte in höchster Not auf der Linie. War der Ball drin oder nicht? Selbst die TV-Bilder konnten nach Abpfiff die Situation nicht auflösen.
Entscheidender Elfmeter
Vielleicht hätte die Szene eine Diskussion über den Einsatz technischer Hilfsmittel wie der Torlinientechnologie in der Frauen-Bundesliga ausgelöst, wenn das Spiel torlos geendet hätte. Aber in der 83. Spielminute zeigte Schiri Fabienne Michel auf den Elfmeterpunkt, nachdem Lena Lattwein einen Schuss von Bayerns Abwehrchefin Glódís Viggósdóttir aus kurzer Distanz mit dem Arm abgewehrt hatte. Stanway schnappte sich die Kugel und verwandelte den Elfmeter eiskalt. „Ich wusste, dass ich das Vertrauen der Mädels und des Trainers hatte. Jetzt stehen wir oben und der Druck liegt bei uns“, sagte die englische Europameisterin.
„Es ist natürlich bitter, so ein Spiel durch so einen blöden Handelfmeter zu verlieren“, haderte die Wolfsburger Verteidigerin Kathrin Hendrich. Dass die Wölfinnen nach ihrem 1:0-Sieg im Hinspiel des Viertelfinales der Champions League bei Paris Saint-Germain einen Tag weniger Pause als die Bayern-Frauen hatten und zudem zweimal auswärts antreten mussten, wollte die Nationalspielerin aber nicht als Entschuldigung gelten lassen.
„So etwas darf bei so entscheidenden Spielen keine Rolle spielen. Wir wissen, dass solche englischen Wochen anstrengend sind, darauf bereiten wir uns das ganze Jahr vor. Das darf keine Ausrede sein“, sagte Hendrich. Vielmehr biss sich der ansonsten so brandgefährliche Angriff des VfL um Ewa Pajor und Alexandra Popp an der starken Bayern-Defensive immer wieder die Zähne aus.
Nun haben die Bayern im Ringen um die Vorherrschaft alle Trümpfe in der Hand. Entschieden ist der Kampf aber noch nicht. Sollten die Bayern-Frauen ihren 1:0-Vorsprung am Mittwoch in London gegen Arsenal verteidigen können und Wolfsburg einen Tag später gegen Paris nachziehen, würden sich die Rivalinnen im Halbfinale der Champions League wiedersehen. Sicher kommt es am 15. April zur Neuauflage des Spitzenspiels, dann empfangen die Bayern den VfL im Halbfinale des DFB-Pokals. Gespielt wird auf dem Bayern-Campus. Doch der Klassiker hätte eine größere Bühne als das nur 2.500 Zuschauer fassende Stadion verdient. Daran ändert der schönste Regenbogen nichts.
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