: Spitzensitze nur für echte Sozis
Münteferings Vorschläge zur SPD-Parteireform stoßen nur teilweise auf Gegenliebe: Offene Liste nein, Urwahl ja, Seiteneinsteiger auf jeden Fall, meinen die Genossen
BERLIN taz ■ Franz Müntefering muss erneut eine Schlappe in Kauf nehmen. Gerade erst war der SPD-Generalsekretär und Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen mit seinem Vorschlag gescheitert, den Landesverband mit einem Generalsekretär und einem Präsidium stärker zu zentralisieren.
Nun muss er auch zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrheit der Parteimitglieder nichts von seinem Vorschlag hält, dass sich auch Nichtmitglieder bei offenen Vorwahlen um ein Bundestagsmandat bewerben können sollten. Laut einer von Franz Müntefering jetzt vorgestellten Umfrage lehnen 58 Prozent der SPD-Mitglieder das ab. Von den um ihre Pfründen fürchtenden Parteifunktionären sind sogar 69 Prozent dagegen.
Doch Müntefering lässt sich nicht entmutigen. Er will weiter für diesen Vorschlag kämpfen, der bei den Bundestagswahlen im übernächsten Jahr ohnehin noch keine Rolle spielen wird. Er gibt sich überzeugt, dass er noch in diesem Herbst bei zahlreichen Funktionärstagungen eine Mehrheit dafür zusammen bekommt.
In der Tat findet Müntefering bei allen weiteren Aspekten der von ihm betriebenen Parteireform die breite Zustimmung der Basis. So unterstützen 74 Prozent der Mitglieder und auch 70 Prozent der Funktionäre den Vorschlag, wonach sich die SPD-Mitglieder per Urwahl an der Kandidatenaufstellung beteiligen können.
82 Prozent aller Parteimitglieder befürworten Münteferings Idee, dass der nächsten SPD-Bundestagsfraktion mindestens zehn Seiteneinsteiger angehören sollten.
Müntefering betonte erneut, dass eine „kaskadenartige“ Entscheidungsstrukur innerhalb der SPD nicht mehr zeitgemäß sei. Im Hinblick auf die nächste Bundestagswahl sei es nötig, die Parteireform so schnell wie möglich voranzutreiben.
Auch die SPD in Nordrhein-Westfalen müsse sich für die Kommunalwahl 2002 frühzeitig fit machen und mit ihrem Aufbau jetzt beginnen, mahnte er.KARIN NINK
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