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Spitzengruppe der BundesligaBeinahe Büffelherde

Eintracht Frankfurt erinnert mit ansehnlichem Offensivspiel an legendäre Zeiten und schielt auf die Champions League.

Hertha nur scheinbar am Ball: Martin Hinteregger (Frankfurt) köpft zum 2:1 Foto: reuters/Pfaffenbach

Mitunter genügt die einfache Bejahung. Adi Hütter grinste süffisant, als der Trainer von Eintracht Frankfurt am frühen Samstagabend auf der digitalen Pressekonferenz nur dieses eine Wort gesagt hatte. „Ja!“ Als Antwort auf die Frage, ob es sich bei seinem Ensemble um eine Spitzenmannschaft handele.

Der Beleg war zuvor im fiesen Schneetreiben gegen den vermeintlichen Big-City-Club Hertha BSC erbracht worden, den die Hessen am Ende fast wie selbstverständlich mit 3:1 auf die Bretter schickten. „Ich bin sehr, sehr zufrieden und happy. Wir wussten, dass es ein Geduldsspiel werden kann. Man sieht, dass die Mannschaft in einer guten Verfassung ist“, sagte Hütter. Wer sieben der letzten acht Bundesligaspiele gewinnt, hat sich den Champions-League-Platz redlich verdient. Hütter wird deswegen aber noch nicht schwindlig, „das werde ich nie, wenn ich auf die Tabelle schaue, aber das ist ein erfreulicher Zwischenstand.“ Den Eindringling Eintracht sollte niemand mehr unterschätzen.

Das Ensemble mit dem Adlerlogo auf den schwarz-roten Jerseys sammelt die Pluspunkte zudem mit ansehnlichem Offensivfußball ein, der einem klaren Plan folgt – und an die besten Sturm-und-Drang-Zeiten erinnert, als die berühmte „Büffelherde“ mit Sebastian Haller, Ante Rebić und dem jetzt leihweise zurückgekehrten Luka Jović bis ins Europa-League-Halbfinale stürmte. „Ich weiß, dass wir viel Qualität in der Mannschaft haben“, sagte Torwart Kevin Trapp, der seit Wochen gar keine Großtaten verbringen muss, um die Ansprüche auf internationale Festspiele in der Mainmetropole zu untermauern.

Vieles läuft bei seinen kampf- wie spielstarken Vorderleuten wie von selbst. „Man hat gesehen, dass Frankfurt eine ganz eingespielte Mannschaft besitzt“, lobte auch Hütters Gegenüber Pál Dárdai. Just nach dem Rückstand von Krzysztof Piątek (66.) schlug die Eintracht mit eiskalter Effizienz und individueller Klasse zurück. Erst bugsierte André Silva den Ball gekonnt mit dem Kopf nach Maßflanke von Filip Kostić zum 1:1 über die Linie (67.), dann köpfelte der aufgerückte Martin Hinteregger entschlossen die Kugel zum 2:1 (85.) nach Flanke des eingewechselten Almamy Touré über die Linie. „Wir sind stolz auf die Leistungen der vergangenen Wochen, wie wir auftreten und wie dominant wir spielen“, sagte der Österreicher, der ungewohnt lange auf sein erstes Saisontor warten musste – und von Landsmann Hütter nach Spielschluss besonders liebevoll getätschelt wurde.

Trotz Blässe des serbischen Wunderstürmers

Die Eintracht zieht selbst die umkämpften Partien in diesem Jahr noch auf ihre Seite. „In der Vorrunde hätten wir vielleicht unentschieden gespielt“, sagte Hütter, der mit der Einwechslung von Rückkehrer Jović nach einer Stunde einen entscheidenden Schachzug einbrachte. Zwar wirkte der serbische Wunderstürmer ausgesprochen blass, aber allein seine Anwesenheit schien die Hertha-Deckung zu verwirren.

Schwindlig werde ich nie, wenn ich auf die Tabelle schaue

Adi Hütter, Trainer

Silva verwandelte am Ende noch einen Foulelfmeter zum 3:1 (90.+5) und steht nun bei stolzen 16 Saisontreffern. Der 25-Jährige spricht so offensiv wie kein anderer Akteur bei der Eintracht von der Königsklasse, schließlich hat Silva mit dem AC Mailand auf dieser Bühne schon gespielt. Mit der Coronazwangspause im vergangenen Frühjahr hat Frankfurts Topstürmer seine körperlichen Defizite aufgeholt – und saisonübergreifend seit Mai 2020 stolze 24 Mal getroffen. Bei ihm vereinen sich Schnelligkeit und Beweglichkeit, Abschluss- und Kopfballstärke. Dazu zeichnet ihn eine brillante Ballbehandlung aus. Elfmeter verwandelt der Rechtsfuß übrigens ähnlich souverän wie Robert Lewandowski (FC Bayern).

Allmählich wird klar, warum ihn Cristiano Ronaldo bei Portugals Nationalelf mal seinen legitimen Nachfolger nannte. Für Hütter kommt die Entwicklung aber nicht sonderlich überraschend. „Man muss den Spieler auch mal Zeit geben, den Fußball in Deutschland, das Umfeld und die Sprache kennenzulernen“, sagte der 50-Jährige über einen Ausnahmeangreifer, der laut Sportvorstand Fredi Bobic längst noch nicht am Limit angelangt ist. Wer wollte, konnte daraus auch gleich einen Frankfurter Anspruch beim Kampf um die Champions-League-Plätze ableiten.

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