Spitzelskandal bei der Telekom: Feind Bundesnetzagentur
Der Telefonkonzern plante offenbar, auch Personal der Bundesnetzagentur zu bespitzeln - jener Behörde also, die den Telefonmarkt überwacht.
BERLIN taz Die Deutsche Telekom plante offenbar, auch eine sie überwachende Bundesbehörde auszuspionieren. Diesen Verdacht legt ein Fax des inzwischen als Spitzelunternehmen berüchtigten Network.Deutschland an die Telekom nahe, aus dem die Frankfurter Rundschau zitiert.
In dem Fax heißt es, "konkret geplant und beauftragt" sei auch die Überwachung einer "nicht unwichtigen Regulierungsbehörde mit Sitz in Bonn" gewesen. Die Projekte seien "direkt vom Vorstand beauftragt" und über das Büro des Aufsichtsrates bezahlt worden, zitiert die Zeitung weiter aus dem Schreiben des Geschäftsführers der Firma, Ralph Kühn. Kühns Berliner Unternehmen hatte für die Telekom hunderttausende Verbindungsdaten von Führungskräften des Konzerns mit Nummern von Journalisten abgleichen lassen, um undichte Stellen aufzudecken.
Um welche Behörde es sich bei den Überwachungsplänen konkret handelte, wird in dem Fax nicht erwähnt. Allerdings ist in Bonn lediglich eine Regulierungsbehörde ansässig: die Bundesnetzagentur. Sie regelt unter anderem den Wettbewerb auf dem Telefonmarkt und überwacht das Fernmeldegeheimnis.
Die beteiligten Stellen äußerten sich zu dem Vorwurf am Donnerstag vorsichtig. Telekomsprecher Mark Nierwetberg sagte der taz, das Fax sei dem Konzern bekannt. Weiter könne er sich nicht äußern, da alle Unterlagen dazu inzwischen bei der Bonner Staatsanwaltschaft liegen würden. Deren Sprecher verwies auf die laufenden Ermittlungen. Und bei der Bundesnetzagentur in Bonn hieß es, man sei über die angeblichen Überwachungspläne bislang noch nicht unterrichtet worden.
Und es gibt noch weiteren Aufklärungsbedarf bei der Telekom: Konzerninterne Prüfer stellten offenbar bereits im Jahr 2006 eklatante Sicherheitslücken in der Mobilfunksparte des Unternehmens T-Mobile fest. Dies bestätigte Firmensprecher Nierwetberg. Telekom-Mitarbeiter hätten unerlaubt vertrauliche Informationen aus Kanälen abrufen können, die nach geltendem Recht allein staatlichen Ermittlungsbehörden wie etwa dem Bundeskriminalamt zugänglich sein dürften. Der Chef von T-Mobile war damals der heutige Konzernchef René Obermann.
In der Bonner Zentrale hieß es dazu, die Untersuchung "Linda" sei damals von Obermann angestoßen worden. Mit der Prüfung habe man lediglich auf einen im selben Jahr bekannt gewordenen Abhörskandal in Griechenland reagiert, bei dem Handy-Gespräche von Politikern belauscht wurden.
"Hätten wir daraufhin unsere eigene Sicherheit nicht überprüft, wäre das ein Skandal gewesen", so Sprecher Nierwetberg. "Ich kann nur hoffen, dass alle anderen Netzbetreiber ebenso gründlich agieren." Die entsprechenden Sicherheitslücken seien inzwischen alle geschlossen worden.
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