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Spitzeleien der NSAGeheimdienst räumt Fehler ein

Ja, es passieren Überwachungspannen, gibt NSA-Direktor John DeLong zu. Von Vertuschung will er aber nichts wissen. Und von böser Absicht schon gleich gar nicht.

Hier wird Sicherheit hergestellt – aber nicht, wenn die falschen Tasten gedrückt werden: am Eingang des NSA-Hauptquartiers Bild: dpa

WASHINGTON afp/rtr | Der US-Geheimdienst NSA hat nach den jüngsten Enthüllungen über massive Datenschutzverstöße Fehler eingeräumt. „Das sind keine beabsichtigten Verletzungen, das sind Fehler“, sagte NSA-Direktor John DeLong am Freitagabend in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Pannen bei der Überwachung würden an Gerichte oder Regierungsstellen gemeldet. „Wir vertuschen diese Vorfälle nicht“, sagte DeLong.

John DeLong hatte zu der Telefonkonferenz mit Journalisten überraschend eingeladen. Mit ungewohnter Offenheit verteidigte der NSA-Direktor die Überwachungspraktiken seiner Behörde. Diese halte sich an das Gesetz, betonte DeLong.

Seine Mitarbeiter seien nicht böswillig und versuchten auch nicht, die Gesetze zu brechen, so DeLong. Die Beschäftigten wüssten schließlich, dass ihre Arbeit aufgezeichnet und über jegliche Verstöße Bericht erstattet werde. „Niemand in der NSA ist der Meinung, dass Fehler OK sind."

Der Dienst habe rigorose interne Regeln, wonach vermieden werden müsse, Daten von Amerikanern zu sammeln. Sollte dies doch geschehen, müssten die Daten zerstört werden. DeLong zufolge fragen die Analysten des NSA im Schnitt pro Monat 20 Millionen Datensätze an.

2776 Vorfälle im Mai 2012

Die Washington Post hatte am Freitag berichtet, die NSA habe in den vergangenen Jahren tausende Male gegen Datenschutzvorschriften verstoßen. Der Dienst habe immer wieder Regeln zum Schutz der Privatsphäre verletzt und seine Kompetenzen überschritten. Sie berief sich auf ein internes NSA-Gutachten und weitere Geheimdokumente, die sie vom früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden erhalten habe.

Das interne Gutachten vom Mai 2012 führe allein für die vorangegangenen zwölf Monate 2776 Vorfälle auf. Dabei handle es sich um die „unerlaubte Sammlung und Speicherung von rechtlich geschützter Kommunikation, unerlaubten Zugriff darauf oder unerlaubte Weitergabe der Daten“.

Ein Dokument zeigt dem Blatt zufolge, dass die National Security Agency (NSA) Mitarbeiter angewiesen habe, Berichte an das Justizministerium und das Büro des US-Geheimdienstkoordinators zu verändern. Konkrete Details seien darin durch allgemeine Aussagen ersetzt worden.

Falsche Vorwahl

In einem Fall habe der Geheimdienst die unabsichtliche Überwachung von US-Bürgern verschleiert. Im Jahr 2008 sei „eine große Zahl“ von Anrufen aus der Hauptstadt Washington überwacht worden. Hintergrund sei ein Programmierfehler gewesen, wodurch die Vorwahl der Metropole – 202 – mit der internationalen Vorwahl für Ägypten – (00)20 – verwechselt worden sei. Den Aufsichtsbehörden sei dies nicht gemeldet worden.

Das Weiße Haus nahm den Bericht zum Anlass, um die angekündigte Transparenz-Offensive von US-Präsident Barack Obama zu bekräftigen. Obama habe sich „schon lange für mehr Transparenz und eine stärkere Kontrolle eingesetzt“, mit dem Ziel, „das richtige Gleichgewicht“ zwischen dem Schutz der nationalen Sicherheit und dem Schutz der Privatsphäre zu erreichen, hieß es in einer Erklärung vom Freitagabend.

Snowden, der zuletzt als Auftragnehmer für die NSA arbeitete, hatte mehreren Medien Informationen über umfangreiche Überwachungsprogramme der US-Geheimdienste zugespielt. Wegen der Enthüllungen wird der 30-Jährige von den USA per Haftbefehl gesucht. Er hält sich in Russland, wo ihm Asyl gewährt wurde, an einem geheimen Ort auf.

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1 Kommentar

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  • Mr. DeLong zeigt sehr schön das Glaubwürdigkeitsproblem, das Geheimdienste haben. Noch vor ein paar Tagen tönte der NSA-General Alexander auf der Blackhat wörtlich wie folgt:

     

    “More specifically, they found no one at NSA had ever gone outside the boundaries of what we’ve been given. That’s the fact. What you’re hearing, what you’re seeing, what people are saying is, well, they could. The fact is they don’t. And if they did, our auditing tools would detect them, and they would be held accountable.”

     

    Heute also anders. Morgen wieder ganz anders?

     

    Scheint drauf anzukommen, was der Guardian als nächstes berichtet, je nach Tageslage.