piwik no script img

Spitzelaffäre der BahnMehdorn stellt sich dumm

Die Vernehmung des Bahn-Chefs im Verkehrsausschuss des Bundestags bringt keine Klarheit in die Datenaffäre.

Nichts zu verbergen hat angeblich Hartmut Mehdorn. Bild: dpa

BERLIN taz Hartmut Mehdorn kam forsch durch den Haupteingang des Bundestags und verschwand wortlos im Sitzungssaal des Verkehrsausschusses. Die Bahn habe nichts zu verbergen, sollte der Weg durch das Kameraspalier bedeuten. Der Chef der Deutschen Bahn sollte für die Abgeordneten Licht in die Schnüffelaffäre im Unternehmen bringen. "Wir haben kein Recht gebrochen", versicherte Mehdorn erneut. Nichts wissen, erst einmal prüfen, lautete schon seine Strategie im Ausschuss. Neue Erkenntnisse konnten die Parlamentarier aus dem Auftritt des Vorstandschefs nicht gewinnen. Es heißt abwarten, bis die Wirtschaftsprüfer von KPMG am 27. März ihren Bericht vorlegen.

Ob die Details der Schnüffelaktionen tatsächlich jemals bekannt werden, erscheint eher fraglich. In einem Brandbrief beschweren sich die vom Aufsichtsrat eingesetzten Anwälte Herta Däubler-Gmelin und Gerhard Baum, beides Expolitiker, über Behinderungen bei der Arbeit. Die Aufklärung werde durch "tagelange Diskussionen" verzögert. "Zudem verdichtet sich der Eindruck, dass einer schnellen und lückenlosen Aufklärung Steine in den Weg gelegt werden", kritisierten die Juristen in einem Schreiben an den Aufsichtsrat. Die Vorwürfe wies Mehdorn im Ausschuss zurück. Beide könnten jederzeit direkt beim Vorstand anrufen. Auch die KPMG-Prüfer sprechen von einer reibungslosen Zusammenarbeit.

Mittlerweile durchforsten mehrere Dutzend Experten die Datenbestände des Konzerns nach Spuren von Spitzeleien. "In der Revision sind Akten verschwunden", glaubt der grüne Verkehrsexperte Anton Hofreiter. Dies gehe aus anonymen Schreiben und mündlichen Hinweisen von Informanten hervor. Danach wurden kurz vor der Veröffentlichung des Zwischenberichts zur Datenaffäre die Dokumentenschredder angeworfen.

Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Dirk Fischer, hegt diesen Verdacht. "Wir haben Hinweise", sagt er und fordert daher eine weitere Einvernahme des Vorstands im April.

Rücktrittsforderungen blieben der Opposition überlassen. In der Union, die den Posten nach der Bundestagswahl gerne mit einem der Ihren besetzen will, genießt Mehdorn Rückendeckung. Entsprechend moderat fällt dort die Einschätzung seines Auftritts aus. "Da wird nichts vertuscht", sagt etwa Unionsabgeordneter Georg Brunnhuber, der auch im Aufsichtsrat der Bahn sitzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • A
    A.Mathey

    Brüskiert und gedemütigt wurden und werden sie alle von "dem Topvorstandvorsitzenden der DB AG", - im Übrigen einem bundeseigenen Unternehmen.

     

    Wenn nicht jetzt, wann dann - sieht sich die dritte Kraft unserer Republik gemäß Verfassung , die Judikative im Stande gegen diesen Vorstand strafrechtliche Maßnahmen durchzusetzen.

     

    Es ist doch nach dem heutigen Tag für alle Bürger offenkundig, dass durch die DB AG selbst mehr verschleiert und verdunkelt wird, als aufgeklärt.

    Oder erfüllt etwa die Judikative in unserer Republik ihre verfassungsrechtlichen Aufgaben nicht mehr , sonder vielmehr den Wünschen der ersten Kraft (gem. Verfassung), der Legislative (die im Bundestag vertretenen Parteien).

     

    Sollte das der Fall sein, sieht es um Deutschland, um unser Gemeinwesen und die Glaubwürdigkeit in unseren Rechtsstaat nicht mehr gut aus.

  • M
    Martin

    Wenn Mehdorn sich dumm stellt, dann soll sich die Kanzlerin auch dumm stellen und ihn entlassen, weil ein Dummer hat an der Spitze der DB nichts zu suchen.

  • H
    hannes

    "Mehdorn stellt sich dumm"

    Eine gewagte These! Obwohl: der verstellt sich anscheinend gar nicht!