■ Brauner Sumpf: Spinnennetz I
Auf Pogrome und Gewalt der rechten Szene reagierte die Bundesregierung mit Parteiverboten, aber auch mit einer weitgehenden Abschottung der Republik gegen Flüchtlinge und weiterem Demokratieabbau. Klammheimliche Freude im rechten Lager, das seine Ziele ein Stück weit durchgesetzt sieht.
Ein antifaschistisches Autorenkollektiv sieht keinen Grund zur Freude. Nach jahrelangen Recherchen in der braunen Brühe stellen die Autoren fest: Mit den Verboten wurden die Strukturen der Szene nicht zerschlagen. Ungehindert agitieren alte und neue Rechte weiter, international vernetzt. Mitläufer und Unentschlossene seien zwar abgeschreckt worden, die Verbote hätten aber „die Szene auch geeint“. Ein Netzwerk bilde sich heraus, außerdem geschulte Führungskader. Die Zersplitterung soll überwunden, eine Art APO von rechts gegründet werden. Fest geschlossen stehen die Reihen offenbar längst auf der „Achse Wien– Berlin“. Die Bombenattentate von 1995 machten erneut deutlich: Die rechte „Bewegung“, sie steht in Waffen.
Die Autoren stellen die neuen Führer der Bewegung vor, zeigen Verbindungen zu bürgerlich-konservativen Parteien, hohen Beamten in Bonner Ministerien oder Rundfunkintendanten. 2.500 Kader und 10.000 bis 15.000 Aktivisten gehören zum engsten Kreis. Laxe Ermittlungen von Sympathisanten bei Polizei und Justiz scheinen noch immer die Regel. Bei einer Haussuchung interessierte sich das BKA am meisten für die Computerdateien der Rechten, die Informationen über Antifaschisten enthielten. Die Gefahr von links wird offiziell immer noch als größer angesehen. Die Staatsschützer sollten einmal einen Blick in dieses Buch werfen. Damit uns erspart bleibt, was nach dem Sturm kommt: Friedhofsruhe.
„Drahtzieher im braunen Netz“. Konkret Literatur Verlag, 272 Seiten, 34 DM
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