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Spielplatzdesigner Günter Beltzig„Da sollen fette Kinder klettern“

Weltweit baut Günter Beltzig Spielplätze zum Träumen, zum Ausprobieren, zum Toben. Kinder sollen sich entfalten können – und nicht begrenzen müssen.

Günter Beltzig auf einer von ihm entworfenen Sitzgruppe, die sich der Wald hinter seinem Haus langsam zurückerobert. Bild: Günter Beltzig

Bedauerlicherweise werden 99 Prozent der Spielplätze immer noch von Landschaftsarchitekten gestaltet, sagt Günter Beltzig im sonntaz-Gespräch. Von denen habe er im Verlauf seines Lebens immer wieder den Satz gehört, dass sie so einen schönen Spielplatz gebaut hätten und dann seien die Kinder gekommen und hätten alles kaputt gemacht. „Aber die haben eben kein Spielplatz gemacht,“ klagt Beltzig, „sondern eine dekorierte Landschaft. Die haben nicht kindgerecht gebaut. Die wollten sich nur selbst verwirklichen.“

Günter Beltzig, am 25. Juli 1941 in Wuppertal geboren, ist Deutschlands berühmtester Spielplatz-Designer. 400 Spielplätze hat er selber entworfen, an weit über 3.000 als Berater mitgewirkt. Seit mehr als dreißig Jahren ist er im Geschäft, arbeitet in großen Städten und für kleine Kommunen. Seine Spielplätze findet man in New York, Italien, Puerto Rico, London und Dortmund.

Traditionelle Spielplätze mit Schaukel, Rutsche, Buddelkasten sind ihm zuwider. „Das sind doch Turngeräte, die haben mit Spielen absolut nichts zu tun.“ Seiner Ansicht nach muss ein guter Spielplatz Entdeckungsmöglichkeiten bieten, zum Verweilen einladen und mit kommunikativen Spielgeräten die soziale Interaktion zwischen den Kindern stärken. Die Kinder sollen im Spiel die Welt und sich selbst entdecken. Sie sollen gemeinsam toben, klettern und Blödsinn machen. Denn Kinder, die nicht spielen können oder dürfen, sagt er, seien in ihrer Entwicklung gefährdet.

Ein weiteres Problem in Deutschland sei, sagt er, dass die Kinder nicht genügend in die Gesellschaft integriert sind. Der Parkplatz müsse vor der Tür stehen, der Verkehr muss schnell fließen, die Gärten sollen hübsch und ordentlich sein, die Anwohner wollen ihre Ruhe haben. „Ja, wo bleibt denn da noch der Platz für Kinder?“. Seine ernüchternde Antwort: „Im Ghetto-Spielplatz eben.“

Auf die kulturellen Unterschiede angesprochen, erklärt er, dass in Amerika der Leistungsgedanke im Vordergrund stehe. Die amerikanischen Spielplätze böten keine Freiräume, seien wie schnell konsumierbares Fast-Food. Dort werden die Kinder durch den Spielplatz hindurch gescheucht. „Da sollen fette Kinder klettern, wie bei einem Hindernislauf, und danach bekommen sie dann wieder Cola. Da geht es um Leistung, da sagen die Eltern, meiner ist viel schneller als deiner. Aber das ist eben kein Spielen.“

Bild: taz

Das ganze sonntaz-Gespräch und viele weitere spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 27./28. Oktober. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Dieser Erfolgsdruck auf die Kinder, erläutert Günter Beltzig in der Küche seines alten Bauernhauses in der Nähe von Ingolstadt, sei inzwischen auch in Deutschland spürbar. Die Kinder kommen gar nicht mehr zum Spielen, haben ab der 3. Klasse einen 40-Stunden-Job, müssen in den Reitkurs, in den Musikunterricht, in die Spracherziehung. Anstatt die Kreativität und Phantasie der Kinder zu stärken, stopft man sie mit Bildung zu.

Doch um im globalen Markt zu bestehen, müsse man doch kein Spanisch und Chinesisch können. Viel wichtiger sei es, die natürliche Neugier und Kreativität der Kinder zu erhalten. Im sonntaz-Gespräch sagt Beltzig: „Dieses Bildungeinpauken geht doch nach hinten los. Schauen sie nach Japan, die haben die höchste Selbstmordrate. Oder hier, unsere Pisa-Gewinner aus Finnland, die haben die höchste Kinderselbstmordrate. Was wollen wird denn – wir brauchen doch keine Leistungsmenschen, die nach wenigen Jahren seelisch vollkommen verkrüppelt sind.“

Was man bei der Gestaltung eines Spielplatzes alles falsch machen kann und weshalb Günter Beltzig nicht gerne Kind war, lesen Sie in der sonntaz vom 27./28. Oktober 2012.

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6 Kommentare

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  • J
    Joehnke

    Als Leiter eines Abenteuerspielplatzes kann ich vielem nur zustimmen. Der Titel jedoch ist geschmacklos und mehr als daneben. Einen weiteren Bericht zu diesem Thema kann man auch hier finden, ist jedoch ein anderer Autor mit dem weniger reißerischen Titel: "Gebt den Kindern Ihre Zeit zurück!".

     

    http://biberbau-biebrich.de/wordpress/?p=2804

  • PK
    Peter Krieg

    Als jemand der ehemals für Spielpätze zuständig war, freue ich mich über den Artikel. Bisher wurde in der Presse nur über Spielplätze gesschrieben wenn sie Ursache für Konflikten mit Anliegern waren.

    Die klammen Kommunen können sich die eigentlich pädagogisch sinnvollen und für Kinder in ihrer Entwicklung wichtigen Spielflächen mit Beltzigausstatung nicht leisten. Zudem werden die Grünflächenämter bei den Mitteln beschnitten, die sie für die Unterhaltung brauchen. Also gibt es Spielplätze die pflegeleicht sind. Zumindest sollte versucht werden die Kinder an der Planung zu beteiligen damit die Flächen ihrem Bedürfnis entsprechen.

    In Wuppertal gibt es übrigens keine fest installierte digitale Torwand. Diese wurde nur bei einer Neueröffnung eines Spielplatzes aufgebaut- Dafür aber viele Spielplätze

    die mit Kindern geplant wurden und einige die sich mit ihrer Ausstatung an den ideen von Günther Beltzig orientieren.

  • N
    Noncommittal

    Natürlich habe ich das Thema verstanden. Ich finde die Überschrift aber nach wie vor reißerisch und geschmacklos.

     

    Wer in seiner Kindheit mehrmals als "fett" beschimpft wurde, kann diese Überschrift nicht gut finden. Etwas mehr soziale Kompetenz und Einfühlungsvermögen wären hier angebracht, denn auch fette Kinder und fette Menschen haben ihre Menschenwürde, die nicht verletzt werden sollte.

     

    Gibt es einen Unterschied zwischen dicken Kindern und fetten Kindern? Also, die fetten Kinder darf man ruhig angreifen, weil sie ungesund sind? Davon werden sie bestimmt gesnder? Na, mal wieder was gelernt.

     

    Liebe Taz, ihr seid immer so bemüht, anders und besser zu sein, als andere Medien. Dicken-Hetze ist aber zur Zeit Mainstream. Passt gar nicht zu euch. :(

  • DD
    Die Dicken Kinder von Amerikanien

    Sicher kein Übergriff auf dicke, höchstens auf fette Kinder. Und davon gibt es bei uns in allen Staaten wirklich genug. Die sind nicht gesund, die sind nicht glücklich. Der Artikel ergreift, wie auch Herr Beltzig, Partei für Kinder. Auch für fette. Die Überschriften sind in der taz übrigens nicht fett.

  • T
    th.beger

    Thema nicht verstanden?

     

    Es geht nicht um "dicke" Kinder, sondern darum das Kinder nicht mehr Kinder sein dürfen. Spielen, erforschen und dabei Spaß haben ist in Deutschland abgeschafft. Kinder dürfen was "Erwachsene" für "Richtig" befinden. Dabei würde es gut tun, wen ältere das Spielen und Spinnen wieder mal als Erkenntnisgewinn betrachten würden. Heutige, sehr oft anzutreffende Bildung, ist Wissen ohne Erkenntnis und Fertigkeiten, also fast Nutzlos.

     

    Das Kinder mit Vorurteilen und Mobbing zu tun haben, hängt ja wohl viel damit zusammen, das "ich" besser sein muß als der Andere und wenn es ein muß eben im Aussehen.

     

    Ein Spiegel der Gesellschaft? Ein Spiegel der "Erwachsenen"?

  • N
    Noncommittal

    Was hat die Überschrift dieses Artikels mit dem eigentlichen Thema zu tun?

     

    Wie soll man diese konkrete Aussage von Herrn Beltzig bitte verstehen? Ich interpretiere sie als einen feindlichen Übergriff auf dicke Kinder. Oder ist der Journalist Herr Grabovac (oder ist es eine Frau?!) besonders feindlich den dicken Kindern gegenüber eingestellt?

     

    Dicke Kinder haben auch ohne solche Übergriffe viel mit Vorurteilen und mit Mobbing zu kämpfen. Muss man sie auch noch in der TAZ in eine belanglose Überschrift zerren?

     

    Eine Stellungnahme des Journalisten fände ich an dieser Stelle angebracht.