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■ Mit US-Spielzeug auf du und duSpielkamerad Computer

Washington (taz) – Die meisten der Computerspielereien zielen zunächst auf die großen Kinder: Die Internetzeitschrift Wired stellte in ihrer Dezemberausgabe beispielsweise „Tools“ (Werkzeuge) vor, darunter so begehrenswerten technischen Firlefanz wie taschenrechnergroße Faxgeräte und – gucke da! – den „Actimate“- Barney von Microsoft: ein elektronisches Kuschelmonster mit beeindruckendem Wortschatz und virtuellem Einfühlungsvermögen. Beliebt sind auch die kleinen digitalen Videokameras für den PC.

Die Zeitschrift Entertainment Weekly zeigt ebenfalls in einer ihrer letzten vorweihnachtlichen Ausgaben unter der Rubrik Spielzeug und der Überschrift „Digging the digital toys“ High-Tech-Spielerchen für Erwachsene. Es fehlt natürlich auch nicht an elektronischen Versionen von altbekanntem Spielzeug für Kinder, wie der digitale Zeichenblock, auf dem man mit einem natürlich ebenso digitalen Stift vorgefertigte Bilder nicht nur einfärben, sondern auch animieren kann.

Kritiker bemängeln häufig, früher waren die Kinderzimmer kuscheliger, ja, menschlicher. Aber Kinder haben immer schon gern mit Papas Werkzeug gespielt und mit seinem Hammer Nägel in die Wände geschlagen. Weswegen die Spielzeugindustrie dann Spielzeughämmerchen und Zänglein auf den Markt brachte. Aber inzwischen hat sich unsere Arbeitswelt geändert, der Computer ist verbreiteter als der Hammer, und der interaktive Bildschirm der Online-Welt wichtiger als die blöde Glotze, mit der man nichts anstellen kann. Darauf reagiert nun auch die Spielzeugindustrie. Etwa mit Mini-Laptops zum Lesen- und Schreibenlernen. Oder mit elektronischen Malspielen für den Heimcomputer: Beim Komponieren der Farben in der Computerwelt können sich Kinder stundenlang verlieren und sich so auch nebenbei auf den nötigen Umgang mit Computern in der Arbeitswelt vorbereiten.

Und wo bleiben die Puppen? Wer in Amerika in einen dieser Spielzeugsupermärkte wie „Toys 'R' Us“ geht, der findet sogar noch die alte Raggedy Ann, die rothaarige Lumpenpuppe, die viele Mütter früher wie die Patchworkdecken selber machten. Dadurch sah jede etwas anders aus.

Mütter haben dazu heute keine Zeit mehr – 70 Prozent von ihnen arbeiten – da hilft die Spielzeugindustrie nach. Die Cabbage Patch Puppen sind durch einen Zufallsgenerator und computerisierte Fertigung so unterschiedlich wie Schneeflocken, keine gleicht exakt der anderen. Kuschelig sind auch sie und an Raggedy Ann hat sich nur geändert, daß sie jetzt aus 100 Prozent Polyester besteht. pt

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