Spielfilm „Underworld: Blood Wars“: Neue und alte Käfige
Es ist der erste Film aus der Underworld-Reihe, in der eine Frau Regie geführt hat. Auch in diesem Teil treten Vampire gegen Werwölfe an.
Da verschanzt sich die toughe Heldin mitten im Gefecht, in einem Showdown unter Werwölfen und Vampiren, nach endloser Daueraction, allen Ernstes hinter Gittern, um über einen Verlust zu trauern. Sie wird abwesend, orientierungslos, beißt sich für einen Moment an Erinnerungen fest. Und zwar wortwörtlich. Blut zu trinken, das zeigt Vampiren die Vergangenheit einer Seele. Sie beißt sich in den Arm, um noch einmal das Geliebte zu spüren.
Dieser Schutzraum kommt ganz unerwartet, fühlt sich an wie ein zärtliches Aufbäumen gegen den Fortgang eines Kampfes, das Aussetzen einer Taktung. Der Käfig schafft eine Bühne zwischen den raschen Schnitten. Ist das Gefühl für das Erlebte noch da nach all den Kämpfen? Das ist das Gegenteil eines Höhepunkts, das erste Aufbäumen vielleicht, im nunmehr fünften Film der „Underworld“-Reihe. Der erste übrigens, bei dem eine Frau, Anna Foerster, Regie führte: „Blood Wars“.
Wenige Meter weiter tobt der böse Wolf, dem die Heldin kurz zuvor die Zähne gezeigt hat. Töten war eigentlich Selenes Berufung. Als Vampirin, als „Todeshändlerin“ lebte sie einmal dafür, Werwölfe auf alle erdenklichen Arten zu zerschneiden, zu zerschlagen, zu zerschießen, niederzuringen, kurzum: zu dominieren. Vampire waren in ihrer Welt immer die Herrenrasse, und diese Frau war seit Jahrhunderten Teil ihres Machtapparates.
Schon im ersten Film von 2003 bröckelt die Ordnung, als ihr Schutzpatron und Ziehvater Viktor sich als intriganter Lügner und reaktionärer Dogmatiker zu erkennen gibt. Nicht die Wölfe haben ihre Familie ermordet, sondern die Aristokraten!
Die gleichen Aristokraten, die sich die Wölfe als Sklaven hielten. Auf einmal geht es um die Reinheit von Rassen und Klassen. Und alles wird noch komplizierter, weil ein Mischwesen auftritt: Ein liebenswerter Hybrid aus beiden Spezies, verwegener als beide. Selene verknallt sich in den sensiblen Neuling, es gibt viel Streit und Strategien, am Ende sind dann alle alten Herren tot.
Neuer Teil, neue Probleme
Zwölf Jahre später, seit dem vierten Teil der Reihe, gibt es neue Probleme: Die Menschen verfolgen jetzt Wölfe und Vampire ohne Unterschied. Dazwischen besteht die Blutfehde noch immer.
Das Kind von Selene und ihrem Mischblut-Lover heißt übrigens Eve, weil ihre DNA den Vorteil im Kampf bringen soll. Auch Selene selbst wurde im Lauf der Filme durch den Lebenssaft eines Großvaters zum Supervampir. Rassenfragen gehen weiter, bald will jeder raus aus seiner Haut und das angesagte Zeug trinken.
Alle wollen sie ihre Schwächen besiegen, Silber und Tageslicht. Endlich neue Wege gehen, das ist viele Kämpfe wert. Für wenige scheint der Plan aufzugehen, es sind harte Zeiten. Der Triumph der Machtgierigen und die Hoffnung der Visionäre währen nur kurz, bevor sie in Aufständen und Intrigen gemeuchelt werden. Das hat hier Tradition.
„Underworld: Blood Wars“. Regie: Anna Foerster. Mit Kate Beckinsale, Theo James u. a., USA 2016, 91 Min, Filmstart: 1. Dezember.
Teil fünf wagt zögerliche Versuche der Genre-Variation: Es gibt Eso-Vampire im Norden, ganz in Weiß, fast elfenartig. Oder doch wie Wikinger? Gleich klopft der Eso-Anführer einem jungen Wilden auf den Rücken, als er mit der Silberklinge gen Wolfsgeheul rennt. Steht hier eigentlich irgendjemand zu seinem Wort?
Erleuchtung gibt’s in der Kommune dann trotzdem, für Selene zumindest. Und am Ende geht es irgendwie doch wieder nur um Ermächtigung und Status, um neue Autorität, um alte Käfige. Gerechte Herrscher statt Tyrannen lautet die Devise. Wer die Geschichte spürt, macht da nicht mit. So hofft man. Aber die Zeitzeugen sind verbrannt.
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