Spielbank in Hannover: Rien ne va dings
In Hannover gibt es Ärger um die Ausschreibung der Spielbanklizenzen. Dabei hat das Geschäft auch so schon ziemlich viel Glamour verloren.
E s gibt so festgestanzte Sprüche im Familienjargon, die einem als Kind Rätsel aufgeben, die man aber akzeptiert, weil Erwachsene halt eh immer seltsames Zeug reden. An einen musste ich kürzlich denken als ich – hört, hört – in Hannover in der Spielbank war.
Er heißt: „Sieht aus wie gewollt, aber kann nicht“ und kam meist von meiner Mutter. Gemeint waren damit Kleidungsstücke, die vielleicht theoretisch oder am Bügel schick aussahen, am Körper aber eher nicht so.
Ich treibe mich sonst nicht in Spielbanken herum, ich bin da mitgelaufen, weil ich prinzipiell neugierig bin. Ich hatte sogar ein Kleid angezogen, obwohl man mich vorher gewarnt hatte: „Versprich dir da mal nicht zu viel von.“
Aber irgendwo in meinem Hinterkopf spukten halt immer noch so James-Bond- und Oceans-11-Filmfantasien herum, immerhin hieß das Ding ja früher auch einmal Casino und stand am Nordufer des Maschsees. Jetzt heißt es aber Spielbank und liegt direkt hinterm Hauptbahnhof, das sagt vielleicht schon einiges.
Vorstadt-Spielhalle mit Bling-Bling
Innen drin trifft man auf eine absurde Mischung aus Vorstadt-Spielhalle und Bling-Bling wie bei Möchtegern-Gangsterrappern. Es gibt eine gut bestückte Bar mit einer Armee von winkenden Glückskatzen. Unmotiviert in die Gegend geklebte Strasssteinchen und ein monströser Kronleuchter stehen im Kontrast zu der schlechten Fahrstuhlmusik und den Raucherkabinen wie am Flughafen.
Spielautomaten auf der einen, fein vor sich hin klackernde Roulettetische auf der anderen Seite. Und das Publikum genauso: Schmuddelige Jeans, 96-Trikots, Hoodies stehen neben Männern, die immerhin ein Jackett hervorgekramt haben, dazwischen ein paar Frauen, manche in so etwas Ähnlichem wie Abendkleidern.
Eine zieht mehr als ein Dutzend Hunderter aus der Handtasche und legt sie auf den Roulettetisch, 1.000 Euro sind es bestimmt, sie zuckt nicht mal, als der Croupier die abräumt, läuft weiter zum nächsten Tisch. Ich bin mir nicht sicher, ob sie am Eingang die Wahrheit gesagt hat, als sie gefragt wurde, ob sie mit ihrem eigenen Geld spielt. Das Kleid und die Handtasche sehen nicht sehr teuer aus.
Es scheint mir jedenfalls irgendwie logisch, dass bei der letzten Ausschreibung der Lizenzen die Merkur-Gruppe gewonnen hat. Die kennt in Hannover kaum einer, aber sie gehört dem „Automatenkönig“ Paul Gauselmann beziehungsweise seiner Familie. Der hat es mit der Ausbeutung von Spielsüchtigen immerhin zu einem der reichsten Deutschen gebracht.
Eine großartige, skurrile Figur aus einer anderen Zeit. Sieht schon aus wie aus einem Märchen, mit sorgsam gestutztem Bart und Zigarre und Dreiteilern. Ein klassischer Patriarch, hat sich Schloss gekauft, ein eigenes Museum eingerichtet, lässt sich gern als Mäzen hofieren, Kritik mag er nicht so.
CDU wittert Schiebung, sie muss es wissen
Als Unternehmer soll er Spielregeln und Gesetze eher kreativ auslegen. In seiner ersten Spielothek – so jedenfalls die Legende – ließ er einfach Zwischenwände einziehen, weil damals noch nicht mehr als zwei Spielautomaten pro Raum erlaubt waren. Zack, waren es sechs. Sein Name taucht auch in Verbindung mit dubiosen Parteispenden, Online-Casinos und der Isle of Man auf.
Vielleicht wittert die CDU deshalb Schiebung. Jedenfalls geht sie den grünen Finanzminister und den Ministerpräsidenten an und pestet sie mit Fragen, ob bei dieser Ausschreibung alles korrekt gelaufen ist. Der aktuelle Spielbankbetreiber, der unterlegen war, klagt dagegen.
Vorläufig darf diese österreichische Firma mit einer Interimslizenz weitermachen. Der Prozess vor dem Verwaltungsgericht steht noch aus. Und so Spielbank-Affären haben in Hannover ja Tradition: Immerhin ist Ende der 80er-Jahre schon die CDU-Regierung unter Ernst Albrecht (Vater von Frau von der Leyen) über eine gestolpert. Aber früher war ja auch noch mehr Casino.
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