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"Spickmich"-Lieblingslehrerin übers Lehren"Eine Kultur des Unterstützens"

Marion Beckmann ist die beste Lehrerin hierzulande - zu diesem Ergebnis kommt zumindest das Schülerportal "Spickmich". Wie man das schafft? Indem man "jeden Schüler individuell fördert".

Bei Spickmich bekommt Marion Becker nurEinsen, allein in der Kategorie "Cool und witzig" eine Zwei. Bild: screenshot spickmich

taz: Frau Beckmann, auf dem Schülerportal "Spickmich" wurden Sie zur besten Lehrerin Deutschlands gewählt. Glückwunsch.

Marion Beckmann: Danke. Das freut mich. Auch für mein Fach Latein, das ja oft den Ruf hat, trocken und langweilig zu sein. Aber offenbar kann Latein auch Spaß machen.

Sie haben einen Schnitt von 1,1 bekommen. Haben Sie sich das mit einer laschen Notengebung erschlichen?

Das glaube ich weniger, wie Ihnen meine Schüler bestätigen könnten. Denen habe ich gerade eine ziemlich schlechte Klassenarbeit zurückgegeben.

Was machen Sie anders als andere Lehrer?

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Und ich würde auch nie behaupten, dass ich besser bin als die anderen Kolleginnen und Kollegen an unserer Schule. Wir ziehen an einem Strang.

Sie unterrichten am einzigen Gymnasium, das bisher den angesehenen Deutschen Schulpreis gewonnen hat. Was zeichnet Ihre Schule aus?

Wir haben bei uns eine Kultur des Unterstützens. Jeder Schüler wird ernst genommen und soll an sein Ziel kommen.

Was heißt das konkret?

Ein Beispiel: Wir haben eine zweiwöchige Sommerschule in den Ferien. Dorthin können Kinder gehen, die nach Ansicht von uns Lehrern in einem bestimmten Fach einen Nachholbedarf haben. Das ist ein freiwilliges Angebot an schwächere Schüler, damit sie nicht abgehängt werden.

Und Sie unterrichten dann in Ihren Sommerferien?

Nein, den Unterricht übernehmen sehr gute Oberstufenschüler, die dafür auch Geld bekommen. Die coache ich vorher und erstelle ihnen die Unterrichtsmaterialien.

An Ihrer Schule gibt es auch einen "Diagnose- und Therapieunterricht". Was heißt denn das?

Wir Fachlehrer versuchen herauszufinden, warum die Schüler Schwierigkeiten haben. Liegts am Vokabellernen oder sind doch eher Problemen zu Hause das entscheidende? Und daran arbeiten dann andere Kollegen ein- bis zweimal die Woche.

"Alle kommen ans Ziel" lautet das Schulmotto. Was ist denn das Ziel?

Im Idealfall natürlich das Abitur. Und da versuchen wir möglichst viele Schüler hinzubringen. Prinzipiell geht es aber darum, jeden innerhalb seiner Möglichkeiten individuell zu fördern.

Das würden wahrscheinlich alle Schulen von sich sagen. Woran machen Sie das fest?

Nehmen Sie das Sitzenbleiben. Das kommt bei uns nur in Extremfällen vor. Im letzten Schuljahr waren es 10 von 2.000 Schülern. Das Ziel ist, dass keiner mehr sitzenbleibt.

Eine Herausforderung für alle Schulen ist, sowohl die Schwachen als auch die Starken zu fördern. Was machen Sie für die stärkeren Schüler?

Ab dem nächsten Jahr wird es bei uns Hochbegabtenklassen geben. Es gilt also: Suum cuique. Jedem das Seine.

Es gibt eine Kategorie bei Spickmich, in der Sie nur eine Zwei bekommen haben: In der Kategorie "Cool und witzig".

Damit kann ich leben. So lange der Rest stimmt. Ich glaube ohnehin nicht, dass unsere Schüler "Spickmich" bräuchten.

Warum nicht?

Wir ermutigen sie, immer offen ihre Meinung zu sagen. Wir haben zum Beispiel auch ein sogenanntes Ruckzuck-Feedback.

Und wie funktioniert dieses Feedback?

Wenige Wochen nach Schulbeginn bekommen die Schüler einen Bogen, auf dem sie drei Punkte notieren, die sie gut finden. Und drei Punkte, über die sie gerne mit dem Lehrer sprechen möchten. Da weiß ich gleich, was ich verbessern muss.

INTERVIEW: WOLF SCHMIDT

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1 Kommentar

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  • AR
    Antonius Reyntjes

    "Kultur-der-Untertützungs-Lehrerin" in Marbach - am Schiller-Gym.:

     

    Da kommt alles an Verbildung&Geld zusammen: keine Arbeiter "vor Ort"; Geld genug; piefig-eitles Volk; Kultur zum Angeben.

     

    Wer sich drei Bilder ankuckt, vom wichtigsten baulichen Wandel auf der Schiller-Höhe, erkennt:

     

    Lehrerin in Marbach - am Schiller-Gym.:

     

    Da kommt alles zusammen: keine Arbeiter "vor Ort"; Geld genug; piefig-eitles Volk; Kultur zum Angeben.

     

    Wer sich drei Bilder ankuckt, vom wichtigsten baulichen Wandel auf der Schiller-Höhe, erkennt:

     

    1. fürstlich dekorierte Operettenarchitektur (1903):

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/49/MarbachSchillerNationalmuseumNahaufnahme.jpg/220px-MarbachSchillerNationalmuseumNahaufnahme.jpg

     

    2. Kieselbeton-Baufresse:

    http://www.netzwerk-mediatheken.de/images/profile/dla/gebaeude.jpg

     

    3. Vollendungsstufe: die neue Bude als Tempelchen, mit weißgetünchten Zementsäulen: Literatursammlung als steile“ (im Bennschen Sinn) Religion:

    http://www.aski.org/portal/kl_106/Kl106Mar.jpg

     

     

    Die vierte Stufe der besitzbürgerlichen Enkulturation des revolutionären Schiller findet in den Köppen von lernfesten Schülern statt, die sich mit einer Click-Flut bei spick-mich bedanken.

     

    Und - was sagt Schiller:

     

    ... bezogen auf seine "Sklavenplantage" - seine Schule: "Die schönsten Träume von Freiheit werden im Kerker geträumt." (Aus: "Briefe über Don Carlos" )