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Sperrung von Kinderporno-Websites"Wir sind bereit"

Das Bundeskriminalamt will nicht als Sündenbock für die Verschiebung des Anti-Kinderporno-Gesetzes herhalten. Es könne jederzeit Sperrlisten für Kinderporno-Seiten liefern.

Guter Dinge: Familienministerin Ursula von der Leyen hofft, dass das von ihr initiierte Gesetz im Oktober umgesetzt wird. Bild: dpa

FREIBURG taz | "Wir sind jederzeit willens und in der Lage, Sperrlisten für Kinderporno-Seiten im Internet zusammenzustellen", erklärte jetzt ein Sprecher des Bundeskriminalamtes (BKA) auf Nachfrage der taz. Er trat damit Gerüchten entgegen, die dreimonatige Verschiebung der Sperrung von Kinderporno-Seiten sei auf Wunsch des BKA erfolgt.

Im Juni hatte der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das eigentlich am 1. August hätte in Kraft treten sollen. Danach muss das BKA täglich eine Liste von Kinderporno-Seiten an die deutschen Internet-Provider liefern, damit diese für ihre Kunden den Zugang erschweren. Im Juli unterrichtete die Bundesregierung jedoch erst einmal die EU-Kommission von dem Gesetz und löste damit eine dreimonatige Stillhaltefrist aus, die Anfang Oktober endet.

Manche Medien stellten allerdings das verzögerte In-Krafttreten des Gesetzes als irrelevant dar. Schließlich habe das Bundeskriminalamt bereits im April - auf Vermittlung von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) - vertraglich die Sperrung von Kinderporno-Seiten vereinbart. Doch auch an diesem Punkt trat das BKA Spekulationen entgegen: "Wir liefern derzeit keine Sperrlisten, auch nicht auf Grundlage der Verträge mit den Providern", so der BKA-Sprecher. Die Verträge seien zwar nicht ausgesetzt, aber sie sähen eine sechsmonatige Übergangsfrist vor, die bis Mitte Oktober dauere. Diese Frist hätten die Internetfirmen gefordert, um die technischen Voraussetzungen für punktuelle Websperren zu schaffen.

Wie viele Kinderporno-Seiten auf den vorbereiteten Sperrlisten des BKA stehen, wollte der Sprecher nicht sagen. "Ob wir die Zahlen veröffentlichen, überlegen wir erst, wenn es soweit ist und die Listen an die Provider gehen." Sperrkritiker bezweifeln, dass es viele frei zugängliche Kinderporno-Webseiten im Internet gibt. Solches Material werde vor allem in geschlossenen Nutzergruppen getauscht.

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13 Kommentare

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  • S
    Stefan

    Während Politiker diese unnütze Maßnahme mit den Worten "Wenn damit auch nur einem einzigen Kind geholfen wird war sie erfolgreich" verteidigen meldet das BKA "klar könnten wir, aber Bock haben wir keinen". Was für eine Farce!

  • F
    frob

    Es gibt zwei Gründe dafür, warum Seiten auf Sperrlisten genommen werden, statt ihre Löschung zu betreiben:

     

    1) Das BKA darf aus völkerrechtlichen Gründen ausländische Provider nicht direkt kontaktieren und hat für den vorgeschriebenen Rechtshilfeweg keine Ressourcen. Das ist armselig. Oder:

     

    2) auf den Listen stehen "Verdachtsseiten" bei denen die Erkenntnisse für ein Löschen (d.h. bereits für ein Schreiben an den Provider oder an eine ausländische Polizeidienststelle!) nicht ausreichen. Die gehören aber auch auf keine Sperrliste. Die BKA-Stellungnahme bestätigt das Hauptproblem, dass irgendwelche Seiten "auf Zuruf" gesperrlistet werden und es keine effektive Kontrolle darüber gibt. Soweit Listen aus anderen Staaten bekannt wurden, gab es denn auch "false positives" von über 90%.

  • S
    Sun

    Wenn es das BKA jederzeit sperrlisten liefern kann versteh ich nicht worauf die zum teufel warten.Wenn denen die seiten bekannt sind. Also sofort die zuständigen Behörden benachrichtigen und weg mit dem dreck.

    Was warten die bitteschön auf kinderleicht zu umgehende sichtschutzblenden statt jetzt endlich die verantwortlich straf zu verfolgen und aufordern zu löschen.Ich nenne das unterlassende hilfe und strafverfolgung bei schwersten verbrechen was da vom BKA betrieben wird. Macht sich das BKA mit diesen geschaffenden tatsachen nicht selber strafbar.Wenn die wissen wo die seiten sind aber nix tun. Eine merkwürdige doppelmoral die dort entstanden ist.

    Dieser ganze merkwürdige apparat und seine verantwortlichen der fast nix mehr tut und wartet und schwerste Verbrechen schützt gehört eigentlich selbst vor ein gericht gestellt für diese schweinerei.

  • R
    reieRMeister

    Liebe taz-Redaktion,

     

    stellt jetzt mal dem BKA die interessante Frage, warum sich die Beamten dann jetzt nicht darum kümmern, die Seiten zu löschen, die sie ja nun offenbar schon kennen, sondern lieber drei Monate warten wollen.

     

    Soweit ich weiß, ist das BKA nach § 163 Strafprozessordnung mit Kenntnisnahme von Seiten zur Ermittlung der Täter verpflichtet.

     

    Kenntnisnahme hat das BKA ja nun selbst zugegeben. Warum wollen sie keine Täter ermitteln?

     

    MfG

  • TL
    Tanja Langen

    Alles sperren!

    Auch die bereitwillig-läppischen Clicker-Listen zur "Wahrung von Verfassungsgrundrechten", die "virtuell"-maschinell & damisch-verkindscht betrieben werden.

  • H
    Hen

    @Cookie:

    Wieso "kriminelle Energie"? Wird mit dem Gesetz auch die Nutzung eines beliebigen Nameservers -- also eines, der nicht vom eigenen Provider angeboten wird --, gesetzlich verboten?

  • L
    Lars

    Was hätte das Naziregime wohl mit dem Internet gemacht?

  • TM
    Tom Marmelade

    Angeblich werden Benutzer, die (aus welchen Gründen auch immer) auf einer jener Stoppschild-Seiten landen, nicht registriert.

    Wer's glaubt.

    Dann mache ich mich lieber auf andere Art verdächtig, indem ich gleich einen alternativen, provider-unabhängigen DNS eintrage. Ob so oder so, wenigstens umgehe ich damit die Zensur. Verdächtig bin ich sowieso, da ich nicht absolut regierungsparteikonform denke.

    http://wikileaks.org/wiki/Alternative_DNS/de

  • F
    FreiheitStattAngst

    @Cookie:

    "Damit wäre mehr erreicht, als durch Sperren, für deren Umgehung lediglich Maus, Tastatur, Google und ein Fünkchen krimineller Energie nötig sind."

     

    Wofür ist hier denn kriminelle Energie nötig. Meines Wissens ist es nicht illegal einen freien & unzensierten DNS Server zu verwenden. Ich nenne es lieber "Liebe zur Freiheit" oder "Angst vor Mißbrauch der Zensur" die mich dazu bewegen, einen unzensierten DNS Server zu benutzen.

     

    Ansonsten stimme ich dir zu. Löschen und Täter verfolgen statt Sperren!

  • TN
    Tom N.

    Es gab einige Spekulationen, warum das Sperrgesetz noch nicht im Bundesgesetzblatt steht. Meine Vermutung:

     

    Bei IT-Profis erkennen, dass die DNS-Sperren ganz leicht zu überwinden sind und daher praktisch wirkungslos. Daher vermuten viele von ihnen andere Gründe, warum die Koalition diese Sperren will.(Zensurinfrastruktur aufbauen)

    Weil viele IT-Profis so denken, kommen die Sperrlisten vermutlich schnell an die Öffentlichkeit (z.B. bei wikileaks)

    Was wenn das noch vo der Wahl passieren würde und dabei rauskäme, dass etwas anderes auf der Liste stünde als dokumentierter Kindesmissbrauch? (weniger wahrscheinlich, weil das BKA vermutlich zumindest am Anfang sorgfältig arbeiten wird)

    Oder auch nur, dass man sehr viele Seiten auf er Liste durch ein Fax an den Provider auch löschen lassen kann? (schon eher wahrscheinlich)

    Oder das die Liste schlicht leer ist?

     

    Das wäre ja alles eine Bestätigung der Gegner dieser Sperrliste. Und die gibt es ja auch unter den Parteien ( Piratenpartei und mit Einschränkungen, FDP, Grüne und Linke )

     

    Vielleicht will die Union dieses "Risiko" vor der Bundestagswahl vermeiden.

  • P
    Pirat

    Wie wärs wenn das BKA den Hoster ne Email schreibt. Dauert i.d.R kaum mehr als 24 Stunden und der Server ist beweisgesichert und vom Netz. Nene lieber abwarten und Hände in den Schoss legen und warten bis das von der Leyen KiPo Fördergesetz in Kraft tritt

  • M
    moslem.blogger.de

    De Ursula soll sisch ma voll krass beeilen, Alta!

    Kommsch immer noch auf Seiten wie "Die Grünen" un auf Kommentar von Prantl auf "Süddeutsche Zeitung".

     

    "taz" hat ja schon gemacht Morphose von Meta ssu rechtsradikale PIsser-AuSSenstelle von HSS bei Artikel gegen Moslem un Islam, guckst du.

  • C
    Cookie

    Liebes BKA, nutzt euren überschäumenden Tatendrang doch bitte für die Ermittlung der Serverstandorte und -beschlagnahmung, sowie für die Täterverfolgung. Damit wäre mehr erreicht, als durch "Sperren", für deren Umgehung lediglich Maus, Tastatur, Google und ein Fünkchen krimineller Energie nötig sind.