Spendengala für die Coronaforschung: Hohe Symbolik, zweifelhafte Wirkung
Zusammen im Kampf gegen die Coronapandemie: Die Popkultur flirtet mit dem Establishment, die Politik macht sich das gern zunutze.
![eine Frau mit Mikro in der Hand eine Frau mit Mikro in der Hand](https://taz.de/picture/4233803/14/25464331-1.jpeg)
A ls Bob Geldof 1985 das „Live Aid“-Konzert für Afrika veranstaltete, stand die Politik staunend am Rande. Dass Popmusiker sich für internationale Hilfsprojekte starkmachen, war damals etwas völlig Neues, es hatte noch den Touch des Rebellischen. Heute ist alles etwas anders. Die Popkultur flirtet mit dem Establishment, die Politik macht sich das gern zunutze. So wie an diesem Wochenende, als die NGO „Global Citizen“ gemeinsam mit der EU-Kommission um Spenden für den Kampf gegen die Coronapandemie warb.
Coldplay und Ursula von der Leyen, Shakira und Angela Merkel – das sind keine Gegensätze mehr. Beim Konzert am Samstag waren sie in einem Line-up per Videoclip vereint. Wer Uschi oder Angie nicht hören wollte, konnte einfach wegzappen, bis zum nächsten Megahit. Ist das schlimm? Oder cool? Das mag jeder für sich entscheiden, es ist nur noch eine Geschmacksfrage. Viel wichtiger ist doch, was diese Politshow bewirkt – und ob das viele Geld wirklich hilft. 6,15 Milliarden Euro wurden allein an diesem Abend eingesammelt.
Die Symbolwirkung ist enorm. Wenn US-Künstler gemeinsame Sache mit der EU machen, noch dazu bei Corona, so lässt sich das als Kampfansage an Präsident Donald Trump verstehen. Mit seiner ignoranten und gefährlichen Coronapolitik steht Trump allein da. Der Nutzen hingegen ist zweifelhaft. Merkel und von der Leyen können zwar schöne Zahlen vorweisen. Unglaublich sei dieses Ergebnis, jubelte die Kommissionschefin, die noch vor wenigen Monaten (als Verteidigungsministerin) Geld für Militärprojekte verteilte.
Doch ist es wirklich zielführend, wenn nicht nur engagierte Bürger, sondern auch reiche Mäzene, mächtige Stiftungen und sogar weltumspannende Konzerne in die Tasche greifen (müssen)? Was sagt dieser ungewöhnliche Spendenmix über die Gesundheitspolitik in Europa aus? Und können wir wirklich sicher sein, dass die Milliardensummen tatsächlich den Bedürftigen helfen – und nicht nur den großen Pharmakonzernen?
Big Pharma soll die Medikamente und Impfstoffe gegen Covid-19 entwickeln, die Konzerne dürften dabei auch kräftig abkassieren. Doch dazu schweigen Angela Merkel und Ursula von der Leyen. Ihre Geberkonferenz ist vielleicht populär, aber eben auch intransparent. Bei Geldofs „Live Aid“ war es vor Jahrzehnten kaum anders – leider.
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