Spekulant kauft Apple-Aktien: Heuschrecke frisst Hype
Der Finanzinvestor Carl Icahn hat sich bei Apple eingekauft. Damit ist die Ära Steve Jobs endgültig passé: Der iMessias-Kult weicht dem Raubtierkapitalismus.

Apple, Steve Jobs – das hatte stets dieses gewisse Glamourpotenzial. Diesen Funkelfaktor. Doch Jobs, der der Welt Erfindungen brachte, von denen diese bis dahin noch gar nicht wusste, dass sie sie braucht, ist Vergangenheit. Und sein Nachfolger bei Apple, Tim Cook, kommt als farbloser Sachwalter rüber, der noch keine bahnbrechende Neuerung auf den Markt brachte. Doch jetzt gibt es mit dem Finanzinvestor Carl Icahn einen neuen Akteur, der Spannung verspricht.
Icahn ist aber nun nicht etwa berühmt für ein Händchen für neue Technologien, sondern vielmehr berüchtigt für seine Finanzstrategie. Schon in den 1980er Jahren diente Icahn als Vorbild für den brutalen Spekulanten Gordon Gecko, gespielt von Michael Douglas, im Kinohit „Wall Street“: Er kaufte sich in Unternehmen ein, nur um sie auszuschlachten – so zum Beispiel die US-amerikanische Fluglinie TWA, die er in die Insolvenz zwang.
Es gab einmal – und das ist noch gar nicht so lange her – eine Zeit, als der kalifornische Apple-Konzern unangefochten an der Spitze der Computerwelt wie auch der Börse stand. Dass Management musste sich um die Eigentümer der Firma, also die Aktionäre, nicht scheren. Dividenden zu zahlen galt als überflüssig, denn die Aktionäre waren dank der als garantiert erscheinenden Kurssteigerungen der Apple-Aktie auch so schon glücklich. Unter Jobs Ägide, zwischen 1996 und 2011, schüttete Apple überhaupt keine Gewinne an seine Anteilseigner aus.
Vor einem Jahr aber wechselte der Aktienkurs seine Richtung: Er liegt derzeit rund 30 Prozent unter seinem Höchststand. Und diese Situation macht sich Icahn nun zunutze. Er halte das Unternehmen für extrem unterbewertet, ließ er wissen. Er habe bereits mit Cook darüber gesprochen, wie dies zu ändern sei.
Icahn ist nicht für zarten Umgang mit den Managern der Firmen bekannt, an denen er Anteile hält. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ihm nicht mal 1 Prozent der Apple-Aktien gehört. Ob Icahn Apple seinen Willen aufzwingen kann, ist allerdings längst nicht ausgemacht. Beim Internetkonzern Yahoo, an dem er 4,7 Prozent der Anteile hielt, ist er vor fünf Jahren auf die Nase gefallen. Yahoo gab seiner Forderung nicht nach, sich von Microsoft übernehmen zu lassen.
Icahns Idee: ein Aktienrückkauf - auf Pump
Was Icahn nun bei Apple vorschwebt, ist ein Aktienrückkauf. Die Idee dahinter: Wenn Apple seine eigenen Aktien kauft, steigt an der Börse die Nachfrage und dadurch auch der Kurs. 150 Milliarden Dollar soll das Unternehmen dafür aufwenden – und zwar auf Pump.
Am Ende der Operation könnte Icahn sein Aktienpaket mit gewaltigen Gewinnen wieder verkaufen. Da die übrigen Aktionäre davon profitieren, könnte er durchaus Unterstützer finden. Das Unternehmen aber bliebe auf den aufgenommenen Schulden sitzen.
Das klingt vertraut. Es ist die gleiche Masche, mit der vor Ausbruch der Finanzkrise viele Private-Equity-Fonds – vulgo: Heuschrecken – Firmen kauften, aussaugten und am Schluss überschuldet oder mitunter auch ganz bankrott fallen ließen.
Die Verklärung von Steve Jobs als iMessias war für Nicht-Apple-Fans nur schwer zu ertragen. Doch sollte Icahn bei Apple Erfolg haben, wäre trotzdem alles viel schlimmer: iPhones oder Mac-Books konnte man ebenso wie Apple-Aktien einfach nicht kaufen, dann konnte einem der Jobs-Hype gestohlen bleiben.
Der Icahn’sche Raubtierkapitalismus dagegen durchdringt die ganze Wirtschaft. Die Opfer von Einsparungen, Überschuldung oder gar Zerschlagung der Unternehmen sind die Mitarbeiter. Auch in Deutschland können die Opfer der Heuschrecken ein Lied davon singen. Die Gewerkschaften sind in solchen Fällen meist machtlos. Es ist die Politik, die den Finanzkapitalismus endlich bändigen muss.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart