Speicherung von Buchungsdaten: Fluggast soll gläsern werden

Route, Reisebüro, Zahlung: EU-Innenkommissarin Malmström plant eine detaillierte Speicherung von Fluggastdaten für fünf Jahre. Grüne und Linke lehnen dies generell ab.

Sag mir wohin Du fliegst, und ich sage Dir, wer Du bist. Bild: imago/xinhua

FREIBURG taz | Die EU-Kommission macht einen neuen Anlauf, Fluggastdaten zur Terrorbekämpfung zu nutzen. Nachdem europäische Daten bisher nur den USA, Australien und Kanada geliefert wurden, soll die EU nun ein eigenes Auswertungssystem einrichten. Innenkommissarin Cecilia Malmström stellte die Pläne am Mittwoch in Brüssel vor.

Fünf Jahre lang sollen die EU-Staaten Informationen speichern, wer wann per Flugzeug aus der EU ausgereist oder in sie eingereist ist. Auch Flugrouten, Reisebüro und Zahlungsmittel sollen gespeichert werden - fast alles, was der Fluggast angibt.

Die Daten sollen auf drei Wegen zur Bekämpfung von Terror und schwerer grenzüberschreitender Kriminalität dienen: Erstens soll erkannt werden, wenn ein Verdächtiger ein Flugzeug besteigt. Zweitens sollen die Daten nach einer Straftat Ermittlungen erleichtern. Drittens sollen die Daten ausgewertet werden, um Verdacht gegen noch unerkannte Gefährder zu gewinnen. Wie dies genau gehen soll, blieb aber unklar.

2007 hatte die EU-Kommission einen ähnlichen Vorstoß gemacht, der aber auf massive Kritik von Bürgerrechtlern und Datenschützern stieß. Auch alle Bundestagsfraktionen, einschließlich CDU/CSU, hielten ihn für verfassungswidrig. Gegenüber 2007 hat Malmström mehrere Abschwächungen vorgenommen. So sollen die Daten nicht mehr 13 Jahre wie in den USA gespeichert werden, sondern "nur noch" fünf Jahre. "Sensible" Daten sollen demnach gar nicht registriert werden. Gemeint sind Daten, die zum Beispiel Rückschlüsse auf Religion oder Ethnie zulassen, etwa wenn jemand bei der Buchung Essen ohne Schweinefleisch wünscht.

Neu ist auch, dass die Daten nach 30 Tagen anonymisiert werden sollen. Im Verdachtsfall soll aber eine "Repersonalisierung" möglich sein. Der Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne) warnt: "Diese oberflächliche Pseudonymisierung soll nur die Akzeptanz der Richtlinie fördern und führt die Bevölkerung in die Irre."

Entgegen einer Aufforderung vieler Regierungen will die EU-Kommission vorerst Flüge innerhalb Europas nicht erfassen. Dies sei im Moment zu teuer und aufwendig, weil sich die Datenmenge vervierfachen würde. Eine Ausweitung solle aber später überlegt werden.

Trotz der Abschwächungen verstößt die geplante Maßnahme deutlich gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für Vorratsdatenspeicherungen. Karlsruhe hatte im März eine Speicherdauer von sechs Monaten als "Obergrenze" bezeichnet. Außerdem sei eine zentrale Speicherung durch den Staat gefährlicher als eine durch viele private Unternehmen. Nach der Vorratsspeicherung von Telekom-Daten sei der Gesetzgeber ohnehin zur "Zurückhaltung" gezwungen. Eine vorsorgliche Speicherung aller nützlichen Daten sei ausgeschlossen, so Karlsruhe.

Grüne und Linke lehnten die Speicherung von Fluggastdaten am Mittwoch generell ab. Die FDP forderte forderte nur, dass der Datenschutz "höchstem Maßstäben genügen" müsse. Sie hat der Speicherung im Koalitionsvertrag bereits zugestimmt.

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