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Sparliste der Berliner KulturverwaltungKreative Buchführung mit Joe Chialo

Teils stümperhaft, teils fehlerhaft: In der 130-Millionen-Euro-Sparliste der Berliner Senatsverwaltung für Kultur gibt es etliche Ungereimtheiten.

Lästige Details: Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin taz | Es wirkt wie ein winziges Detail. Trotzdem ist es bezeichnend für die von CDU und SPD vorgelegten „Konsolidierungslisten“ für das Haushaltsjahr 2025, dass unter den von Kultursenator Joe Chialo eingereichten Einzelposten an einer Stelle ein Kürzungsvorhaben auftaucht, das dort überhaupt nicht hingehört. Zumindest nicht in der Größenordnung.

Die Rede ist vom nun gestrichenen eintrittsfreien Museumssonntag. In der ersten Konsolidierungsliste wie auch in der jüngsten Korrektur ist das kulturelle Teilhabeprojekt des rot-grün-roten Vorgängersenats mit einem Einsparvolumen von 2 Millionen Euro unter den „Sonstigen Zuschüssen an Museen“ aufgeführt.

Das Problem: Im vor einem Jahr verabschiedeten Haushaltsplan der Senatskulturverwaltung findet sich zwar genau hier ebenfalls ein Betrag zum Museumssonntag. Nur beläuft der sich bei den „Sonstigen Zuschüssen“ nicht auf 2 Millionen, sondern auf gerade mal 251.000 Euro, gelabelt als „Maßnahmen zur Senkung der Zugangsbarrieren, Öffentlichkeitsarbeit, eintrittsfreie Zeit“. 2 Millionen von 251.000 wegkürzen – wie soll das gehen?

„Einen schlanken Fuß gemacht“

„Das ist Mumpitz“, sagt der Sprecher für Kulturfinanzierung der Grünen-Fraktion, Daniel Wesener, zur taz. Die 2 Millionen Euro seien zwar eine realistische Gesamtgröße für den Museumssonntag. Der Betrag finde sich im eigentlichen Chialo-Etat aber nicht als Sammelposten unter „Sonstiges“, sondern kleinteilig aufgesplittet in den jeweiligen Zuschüssen der Kulturverwaltung an die einzelnen Museen.

Auch wenn es, so der ehemalige Finanzsenator Wesener, „formal haushaltsrechtlich in Ordnung geht“, dass der Betrag nun einfach irgendwo zusammengefasst wurde: „Es zeugt davon, dass sich die Koalition hier einen schlanken Fuß gemacht hat. Die haben sich gar nicht bemüht, in die einzelnen Ansätze zu gehen.“ Das könne man so machen, sei aber „schlampig gearbeitet“.

Überhaupt gebe es gerade in Chialos Kürzungslisten eine ganze Reihe von Beispielen, wo die Spitzen von CDU und SPD teilweise – wie hier – nicht ordentlich, teilweise aber auch fehlerhaft vorgegangen seien. Letzteres betreffe unter anderem die vorgesehenen Kürzungen bei den Zuschüssen für das Berliner Künstlerprogramm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) von 416.500 auf 266.500 Euro.

Wie sich die Kulturverwaltung das genau vorstellt, bleibt tatsächlich ihr süßes Geheimnis. Schließlich hängt bei dem Programm das Auswärtige Amt finanziell mit drin. Und mit dem gebe es, so Wesener, „eine vertragliche Bindung“, aus der sich der Senat nicht einseitig per Haushaltsbeschluss ausklinken könne.

Luftbuchung Stadtmuseum

Gleiches gilt für den anvisierten Ausstieg der Stiftung Stadtmuseum Berlin aus dem Humboldt-Forum. 3,6 Millionen Euro glaubt Chialo, mit dem Auszug der Berlin-Ausstellung der Stiftung im ersten Obergeschoss der Stadtschloss-Imitation einsparen zu können. „Nichts gegen den Auszug“, sagt Wesener: „Aber auch das ist eine Luftbuchung, denn auch hier laufen Verträge. Die können nicht sagen: Zum 1. Januar ziehen wir aus und dann hat sich die Sache.“

Wie der Tagesspiegel am Mittwoch berichtet, sei das Stadtmuseum dabei nicht nur „aus organisatorischen und vertraglichen Gründen“ vorerst weiter an den Standort gebunden. Hinzu komme, so ein Museumssprecher, dass ein Auszug auf die Schnelle ohnehin mehr Ausgaben als Einsparungen produzieren würde. Kein Geld, keine Kapazitäten, keine Vertragsfreiheit: Wann die Koffer im Stadtschloss gepackt werden können, ist dann auch aktuell völlig offen. 2025 dürfte es nicht sein.

Letztlich zeichne sich bereits jetzt ab, „dass das Haushaltschaos 2025 weitergehen wird, zumindest im Kulturbereich“, sagt Wesener mit Verweis auf einen Eintrag mit dem freundlich klingenden Titel „Haushaltsreste“. Der wurde in der jüngsten Korrekturrunde gerade um etwas mehr als eine Million auf nun minus 10,7 Millionen Euro erhöht.

Faktisch handelt es sich um eine zusätzliche Pauschalkürzung in Höhe von einem Prozent des Kulturetats. Wo jetzt dieser Betrag aus dem Budget wieder herausgepresst wird, mit welchen Folgen für welche Zuwendungsempfänger, ob die ihnen zugesagten Mittel ganz, teilweise oder gar nicht fließen: All das ist nach wie vor unklar.

„Zur Wahrheit gehört daher, dass es zu weiteren Kürzungen kommen wird – auch bei Einrichtungen und Projekten, die in der Einsparliste des Senats nicht auftauchen“, ließ Chialo die von seinem Haus geförderten Einrichtungen bereits Ende November nach Veröffentlichung der ersten Liste des Grauens per Rundschreiben wissen. Daran hat auch die korrigierte „Konsolidierungsliste“ nichts geändert.

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4 Kommentare

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  • Herr Chialo macht meiner Meinung nichts falsch. Man muss auch im Kulturbereich schauen, dass nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht, sondern z.B. gemeinsame Verwaltungsstrukturen aufziehen wo es geht.

    Dass man nicht jede Einzelposition unter die Lupe nimmt wenn es ums Cost Cutting geht und nicht jeden Euro ausdiskutiert ist in der Wirtschaft ein ganz normaler Vorgang. Ich kann also das Geschmäckle in der "kreativen Buchhaltung" wirklich nicht erkennen.

    • @Goodfella:

      selbst wenn es hier um wirtschaft gehen würde und nicht um politik – was nicht der fall ist – hielte ich Ihre einschätzung immer noch für fragwürdig. schließlich ist bekannt, wer in der regel die kosten zu tragen hat, sobald beim "cost cutting" von oben nicht genau hingeschaut wird.

  • Ehrlichkeit und handwerkliche Geschicklichkeit in Haushaltsfragen kann man wohl von nur wenigen Politikern erwarten.



    1. Politiker wollen gestalten. Sie wollen ihrer Klientel was Gutes tun. Das kostet aber.



    2. Die Befürworter rechnen ein Projekt billig, damit es beschlossen wird, die Opposition extra zu teuer. Wer ehrlich ist, setzt sich nicht durch.



    3. Haushalt ist kaufmännisches Klein-Klein und vor allem viel Aktenstudium. Das ist anstrengend und macht keinen Spaß. Es erfordert Zeit, Konzentration, kaufmännische Fachkunde, die die wenigsten Politiker haben. Ich auch nicht. Der Ärger mit den Betroffenen on Top.

    Ich schlage vor: eine separate Behörde, deren Leitung weitgehend unpolitisch ist und nicht nach jeder Wahl wechselt, rechnet vor, wieviel Geld durch Vertrag, höherrangiges Recht und alte, langfristige Investitionen gebunden ist. Dieser Teil des Haushalt wird ohne Debatte durch Rechtsverordnung durchgewunken. Wer da sparen will, muss rechtzeitig/ langfristig vorher die Gesetze ändern, die Kündigungsfristen einhalten. Hier sieht man, ob überhaupt Geld zum Gestalten übrig ist.

    Nur der frei verfügbare Rest wird überhaupt von der Politik diskutiert.

  • Ich bin ja schon froh, dass hier nicht von schwarzer Null die Rede ist. Joe Chialo ist als Feigenblatt einer angeblich diversitätsoffenen Hauptstadt-CDU verheizt worden/ hat sich verheizen lassen.



    Berlin könnte die Finanzen für Kultur haben, über die Hauptstadtfunktion, über zähe Verbesserungen der Verwaltung über einen Stopp von Auto-Ausgaben und Wechsel zu kostengünstigem modernen Radverkehr und ÖPNV, über angemessene Beiträge auch der Reichsten und Immobilienhaie.



    Stattdessen darf Chialo noch etwas dilettieren, dann hat er seine Schuldigkeit getan und mag gehen.



    Zum Glück hat Deutschland die breite föderale Kulturbasis außerhalb Berlins.