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Sparkasse legt Kundenprofile an"Ins Hirn hineingeschleimt"

Die Hamburger Sparkasse erstellt offenbar psychologische Profile ihrer Kunden, um ihnen besser Produkte andrehen zu können. Das jedenfalls berichtet der NDR. Die Haspa dementiert.

Beratung oder Überredung? Haspa-Filiale in Hamburgs City. Bild: imago

HAMBURG dapd | Die Hamburger Sparkasse (Haspa) erstellt offenbar psychologische Profile ihrer Kunden, um effektiver Versicherungen oder Aktien verkaufen zu können. Nach Informationen von NDR Info teilt die größte deutsche Sparkasse ihre Kunden in sieben Typen ein, darunter "Bewahrer", "Hedonisten" oder "Abenteurer".

Wie aus dem Sender vorliegenden Dokumenten hervorgeht, sollen die Bankberater dadurch gezielter auf die Verbraucher zugehen und je nach Typ Fantasie und Genuss ins Spiel bringen oder Ängste aufbauen.

Verbraucherschützer zeigten sich über das Vorgehen der Haspa entsetzt. Während sie versuchten, Bankkunden zu rationalen und vernünftigen Entscheidungen zu bewegen, mache die Hamburger Sparkasse das Gegenteil: "Man versucht, indem man sich ins Gehirn hineinschleimt, Vertrauen zu finden und den Verbraucher in einer Weise zu beeinflussen, die nicht in seinem Interesse ist", sagte Edda Castelló von der Hamburger Verbraucherzentrale.

Auf welcher Datenbasis die Sparkasse ihre Kunden einordnet, ist dem Sender zufolge unklar. Ohne Zustimmung der Kunden sei eine ausführliche Auswertung etwa von Girokonten nicht erlaubt. Die Haspa erklärte auf Anfrage, eine "Einordnung in Schubladen" finde nicht statt.

Eine Sprecherin teilte lediglich mit: "Unsere Berater begleiten ihre Kunden in der Regel über einen langen Zeitraum und kennen sie sehr gut. Dabei werden auch die unterschiedlichen Serviceansprüche und Wünsche der Kunden berücksichtigt."

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11 Kommentare

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  • M
    Marvin

    Die Einteilung von Kunden in verschiedene Kategorien ist seit den Phöniziern bekannt. Mord auch.

  • N
    Nora

    Es geht hier nicht um die klassischen 'Unterteilungs-Modelle'

    für die 'passgenaue' Produktempfehlung.

    Es geht um die Auswertung von u.a. Konto- und Karten-Informationen, Lebensstil etc., um den Kunden geschickter manipulieren zu können! Ich bin sicher, die Banken beschäftigen bereits Psychologen, um solche Profile zu erstellen. - Und wo landen solche Informationen schließlich?

    Bei der Schufa?

    Das ist schon sehr agressiv. 'Scietology' lässt grüßen.

     

    Hierzu ein interessanter 'Wiso'-Link, falls es noch Leute gibt, die nicht wissen, was da heute hinter den Kulissen abgeht.

     

    http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/bankberater-packen-aus-ich-habe-sie-betrogen-264071/

  • WW
    Werner Winkler

    Dass wir automatisch Kategorien bilden, wenn wir es mit uns noch fremden Menschen zu tun haben, ist ein völlig natürlicher Vorgang - z.B. dass wir in Frau oder Mann, alt oder jung etc. unterscheiden.

     

    Das macht auch jeder Geschäftsmann, der sich auf seinen Kunden einstellen möchte - dass dann weitere Unterteilungsmodelle verwendet werden, um den Einzelnen noch genauer von anderen zu unterscheiden, ist in vielen Sparten durchaus üblich und wird z.B. in der Pädagogik (Stichwort "typgerechtes Lernen") sogar gefördert.

     

    Hier tauchen allerdings zwei Fragen auf:

    1. Wie wertschätzend ist die verwendete Typologie bzw. die darin verwendeten Begriffe und Kategorien?

    2. Wie wird die Zuordnung gemacht - und erzeugt vielleicht derjenige, der zuordnet unbewusst damit erst diesen Kundentyp, da er ihn nur noch nach Lehrbuch anspricht?

     

    Eine gute Typologie lässt sich z.B. daran erkennen, dass alle Gruppen neutral-wertschätzend beschrieben sind und der Einzuordnende ein Wörtchen dabei mitreden kann, in welche Gruppe er seiner Meinung nach gehört.

     

    Was die genannte Bank da macht ist aus meiner Sicht nicht viel besser als wenn sie aus dem Geburtsdatum das Sternzeichen ableiten und dann dementsprechend beraten würde ("einer Waage immer zwei Alternativen anbieten").

     

    Aber DASS es Unterschiede gibt und diese für Kaufentscheidungen relevant sind, scheint mir offenkundig.

  • R
    Rod

    Die Einteilung von Kunden in verschiedene Kategorien ist seit den Phöniziern bekannt. Von einem professionellem Unternehmen erwarte ich wenigstens, dass eine ABC-Analyse des Kundenstamms durchgeführt wird.

     

    Die Auswertung von Kontodaten ist nichts Neues, jeher haben Vertreter der angegliederten Versicherung auf dem kurzen Dienstweg beim Schalterangestellten über die Schultern geschaut, auch Finanzierungsberater der Banken arbeiten mit den angegliederten Versicherungen zusammen und teilen sich Provisionen mit deren Vertreter. Sie erpressen dann Kunden, die dringend z.B. einen Betriebsmittelkredit brauchen damit, dass sie den Kredit verweigern, wenn er nicht sämtliche Versicherungen beim Vertreter der Bank zu schlechteren Konditionen abschließt als bisher. Aber für so einen Mittelständler ist ein Betriebsmitteldarlehen überlebenswichtig, da ist er erpressbar. Und Banken nutzen diese Macht gnadenlos aus.

  • D
    DieDas

    Die ganze Misere ist auf einen dämlichen Schreifehler zurückzuführen: Eigentlich heißt es nicht

    "Kundenberater"

    sondern

    "Kundenbrater"

  • S
    Sisalbaum

    Schön, dass sich eine Bank einmal Gedanken über ihre Kunden macht.

    Als ich vor einiger Zeit ein paar Euro anlegen wollte, bekam ich lediglich eine Übersicht über alle möglichen Fonds, die mich auch aus dem Netz hätte ziehen können. Gefreut hätte mich ein Hinweis wie: "Für eine ängstliche Beamtenseele mit Öko-Ambitionen empfehle ich XY".

    Dass Banken am Ende ihre Produkte verkaufen wollen, um damit Gewinne zu erziehlen, und somit auch ihr Eigeninteresse im Auge haben, ist nun wahlich keine neue Meldung. Wenn ich dergleichen ausblenden will, brauche ich Berater, die nicht gleichzeitig Verkäufer sind. Nicht nur in der Bank sondern überall. Dann muss ich mich halt bei Öko-, Finanz- oder Sonstwietest informieren. Ob die allerdings haften, wenn sich ihre Tipps in heiße Luft verwandeln, weiß ich auch nicht so genau.

  • N
    Normalo

    Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass sich Banken - wie andere Dienstleister und Händler auch - ihrer Kenntnisse über die Persönlichkeit ihrer Kunden bedienen, um diese mit ihrem Angebot gezielt anzugehen. Jeder Vertriebler wird bestätigen, dass es das A und O seines Jobs ist, "seine Pappenheimer zu kennen" und sie entsprechend individuell zum (mehr oder minder) beiderseitigen Nutzen zu beraten. Es ist ja auch nicht falsch, dass ein Bankkunde des Typs "Angsthase" eher mit einer kostspieligen Rundum-Sorglos-Absicherung glücklich wird als der Typ "Abenteurer", dem es um das Geld zu schade wäre. Umgekehrt hat so Einer vielleicht eher was von hoch volatilen Aktienprodukten. Es ist ein Geben und Nehmen, und am Ende wird nur der betuppt, der sich was blind aufschwatzen lässt. Das gilt allerdings überall.

    Die einzig wirklich relevante Frage ist, ob die Haspa sich an den Transaktionsdaten ihrer Kunden vergriffen oder ob sie nur ein standardisiertes System entwickelt hat, die Beobachtungen aus dem Kundendienst zu erfassen.

  • H
    Helmut

    ...ähnliche Täuschbegriffe verwendet doch laaange schon die geliebte Autoindustrie. Mit solchen Schleim bezeichnungen wie: Ihr "VW" Partner. (Die Automarke darf beliebig ausgetauscht werden). Die wollen alle nur unser Bestes, nämlich unser Geld.

  • BB
    Bert Brecht

    „Bankraub ist eine Unternehmung von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank.“ - Bertolt Brecht

  • D
    Der

    Wer sich von einer Bank "beraten" lässt, ist selbst schuld. Naivität wird bestraft.

  • T
    T.A.

    "Bankberater" ist eine gezielt irreführende Bezeichnung. Man wird von diesen Menschen nicht beraten, sondern sie verkaufen mit allen Tricks ihre Finanzprodukte. Es sind also einfach nur Verkäufer. Man sagt ja auch KaufhausverkäuferInnen und nicht Kaufhausberater.