Spanischer Prisa-Konzern in Krise: Harter Sparkurs bei Zeitung "El País"

Der größte spanische Medienkonzern hat Milliardenschulden und muss sparen. Das bekommt auch die Prisa-Tageszeitung "El País" zu spüren.

Pflichtlektüre: EU-Währungskommissar Joaquín Almunia mit "El Pais". Bild: dpa

Wer an den Kiosk geht, bemerkt es gleich. Spaniens größte Tageszeitung El País und mit ihr der Medienkonzern Prisa sind in der Krise. Das Blatt, das für die Demokratie nach dem Tod Francos steht wie kein zweites, ist dünn wie im Sommerloch. Seit Jahresbeginn verlor die Zeitung 20 Prozent der Werbeeinnahmen. El País wird damit 2008 wohl erstmals in ihrer 32-jährigen Geschichte rote Zahlen schreiben.

"Es wird an allen Ecken und Enden gespart", beschwert sich ein Redakteur. 70 der über 1.200 Beschäftigte wurden in den vergangenen Monaten in den Vorruhestand geschickt, darunter 20 Redakteure. Einzelne Abteilungen sollen ausgegliedert werden. Angeblich existiert eine Liste mit über 100 altgedienten Schreibern, die die Redaktion verlassen sollen. In der Redaktion selbst wird das Budget immer knapper. Die Redakteure werden seltener auf Reisen geschickt. Von außen werden weniger Texte zugekauft. Und die Freien, die nach wie vor bei El País veröffentlichen, werden unter Druck gesetzt, einen Pauschalvertrag zu unterzeichnen. Das monatliche Salär liegt weit unter dem, was sie bisher für ihre Artikel erhielten.

"El País ist die goldene Kuh, die vom gesamten Konzern gemolken wird", lautet die einhellige Meinung im Hause. Anstatt sich auf das gut funktionierende Kerngeschäft - Zeitung, Radio und Verlage - zu konzentrieren, baute die Prisa-Mehrheitsaktionärsfamilie Polanco ihre Präsenz im TV-Markt aus - nicht die einzige Fehlentscheidung. Der Konzern gestand bei der Aktionärsversammlung vergangenen Freitag 5 Milliarden Euro Schulden ein. Zudem verlor die Aktie in diesem Jahr 80 Prozent ihres Wertes. Die Schulden übersteigen damit den Börsenwert von Prisa um ein Dreifaches.

Obwohl der Vorstandsvorsitzende bei Prisa und einstige Chefredakteur der El País, Juan Luis Cebrián, auch für dieses Jahr Gewinne des Gesamtkonzerns prophezeit, zwingt der Schuldenberg zu "Sparmaßnahmen". Insgesamt sollen die Ausgaben um 5 Prozent gesenkt werden, "ohne die Qualität der Produkte zu beeinflussen". Außerdem kündigte Cebrián weitere "Desinvestitionen" an. Unrentable Geschäftszweige sollen geschlossen oder verkauft werden.

Als Erstes trifft es Localia. Das Lokalfernsehen mit Niederlassungen in den meisten großen Städten Spaniens wird zum Jahresende dichtmachen. "Zu wenig Werbung", lautet die lapidare Begründung. 300 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Prisa steigt ebenfalls bei mehreren spanischen Regionalzeitungen aus.

Doch den größten Brocken stellt die TV-Produktionsgesellschaft Sogecable dar. Sie ist Eigentümer des Senders Cuatro und des Pay-TV-Kanals Digital+. Während Cuatro nach fünfjährigem Bestehen langsam, aber stetig in der Zuschauergunst steigt, stagniert Digital+ seit Jahren bei zwei Millionen Abonnenten. Der Sender lebt von den Fußballübertragungen. Doch in den letzten beiden Spielzeiten überträgt auch ein frei empfangbarer Konkurrent die Spitzenspiele, ein herber Schlag für das einstige Prestigeprojekt Digital+, das Prisa nun verkaufen will.

Die spanische Telefongesellschaft Telefónica, die in den Anfangszeiten des Pay-TV eine eigene Plattform unterhielt, und der Eigentümer des französischen Canal+, Vivendi, scheinen an Digital+ interessiert zu sein. Doch wurden die beiden Bieter sich bisher mit Prisa über den Preis nicht einig. Prisa wolle 2,8 Milliarden Euro, heißt es in der Fachpresse. "Wird das jemand zahlen, wo doch der gesamte Prisa-Konzern nur 1,5 Milliarden wert ist?", fragt sich die spanische Wirtschaftszeitung Negocios.

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