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Spaniens oberster Richter Carlos DívarKonservativer Spesenrichter

Er hat private Reisen als Dienstreisen abgerechnet. Diese „karibischen Wochen“ wurden ihm jetzt zum Verhängnis: Carlos Dívar ist zurückgetreten.

Ein tiefreligiöser Junggeselle: Carlos Dívar. Bild: reuters

Jetzt ist er doch zurückgetreten. Seit Spaniens oberster Richter, Carlos Dívar, Anfang Mai von einem Mitglied des Obersten Justizrates beschuldigt worden war, mindestens 32 private Reisen als Dienstreisen abgerechnet zu haben, geriet der konservative Jurist nicht mehr aus den Schlagzeilen. Luxushotels, teure Abendessen zu zweit – Dívar reiste seit Jahren immer wieder mit seinem Sicherheitschef, einem Nationalpolizisten, quer durch Spanien. „Karibische Woche“, nannten dies seine Kollegen am Gericht. „Ich habe nichts Schlechtes getan, aber die Lage ist untragbar“, erklärte der 70-jährige am Donnerstag auf einer Justizratssitzung und legte daraufhin die Robe nieder.

Der tiefreligiöse Junggeselle, Sohn und Enkel von Richtern, diente einst am Obersten Strafgericht, der Audiencia Nacional. Dort ermittelte er unter anderem gegen Separatistenkommandos der baskischen ETA. 2003 entkam er nur knapp einem Attentat. 2008 wurde er vom damaligen Regierungschef, dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero, vorgeschlagen und mit den Stimmen der sozialistischen PSOE und der heute regierenden konservativen Volkspartei (PP) ins Amt des Präsidenten des Obersten Justizrates gehoben.

Für viele Anhänger des Sozialisten Zapatero war die Berufung völlig unverständlich. Denn Dívar ist entschiedener Gegner aller fortschrittlichen Reformen. Der Konservative, der, so die spanische Gerüchteküche, dem katholischen Geheimbund Opus Dei angehörte, sprach sich gegen die Homoehe eines hohen Strafrichters aus, lehnt Abtreibungen ab und ist entschiedener Gegner aller fortschrittlichen Reformen. In seine Amtszeit fällt der größte Skandal in der spanischen Justizbehörde seit Einführung der Demokratie: das Berufsverbot gegen den bekannten Richter Baltazar Garzón, der versucht hatte, die Verbrechen der Franco-Diktatur und illegale Parteifinanzierung gerichtlich aufzuarbeiten.

Nach sechs Wochen in den Schlagzeilen wegen seiner Privatreisen war Dívar verbrannt. Der Jurist, der ihn mit seiner Anzeige zu Fall brachte, ist im übrigen José Manuel Gómez Benítez, Anwalt des suspendierten Richters Baltazar Garzón.

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2 Kommentare

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  • U
    ulschmitz

    es ist in der tat unverständlich, wie sich ausgerechnet ein sozialist wie zapatero den feind ins haus holen konnte - wer genauer wissen will, worum es geht:

    a) geburtstagsparade des königs anschauen;

    b) karfreitag / semana santa in madrid, cuenca, in der fremdenlegion (alles auf TV);

    c) genau verfolgen, wer wann als opus dei-kasper in welche positionen in staat und wirtschaft usw. vordringt.

     

    Picasso hat immer gesagt, man müsse wissen, wo der Feind steht. Viele machen sich nicht so recht klar, dass mit der wirtschaftskrise in spanien die gespenster der vergangenheit hochkochen - da gibt es reichlich leute, die ihren alten Caudillo Franco wiederhaben wollen...

  • W
    Weinberg

    Bekanntlich trifft man sich immer zweimal im Leben - und dies gilt auch für den Neufaschisten Carlos Divar!