piwik no script img

Spanien in der EurokriseSchuldenbremse gezogen

Wenige Monate vor den Neuwahlen beschließt die spanische Regierung gemeinsam mit der Opposition, eine Defizitgrenze in der Verfassung zu verankern.

Nichts geht mehr: Spaniens Ministerpräsident Zapatero führt die Schuldenbremse ein. Bild: dpa

MADRID rtr | Spaniens sozialistische Regierung hat sich mit der konservativen Opposition auf eine Schuldengrenze in der Verfassung verständigt. Eine solche Regelung solle bis spätestens Ende Juni 2012 stehen, teilte die Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero am Freitag mit.

Das strukturelle Staatsdefizit - das nicht auf wirtschaftliche Schwankungen zurückzuführen ist - darf demnach über den Konjunkturzyklus hinweg 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten.

Die ab 2020 greifende Schuldenbremse soll sowohl für die Zentralregierung als auch für die Regionalregierungen gelten. Damit will das ins Visier von Spekulanten geratene Land eine Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel erfüllen und sich als solide haushaltender Schuldner präsentieren.

Doch am Kapitalmarkt verspürte Spanien zunächst kaum Entspannung. Denn zur Enttäuschung vieler Experten sollen in der Verfassung keine Details stehen. Diese sollen stattdessen in einem einfachen Gesetz geregelt werden. Der Pferdefuß: Nach einer Vereinbarung der regierenden Sozialisten und der oppositionellen Konservativen kann die Defizitgrenze 2015 und 2018 auf den Prüfstand gestellt werden. Damit soll nach dem Willen der Parteien in Krisenzeiten mehr Flexibilität erreicht werden.

"Es gibt zu viele Ausnahmen"

Manche Ökonomen sehen darin allerdings eine Mogelpackung: "Das ist nicht besonders glaubwürdig. Es gibt zu viele Ausnahmen und sogar die Möglichkeit, künftig Änderungen vorzunehmen", moniert die spanische Bank Banesto.

Mit der Rahmenvereinbarung für ein Begleitgesetz zur Schuldenbremse werden nun zumindest Kriterien für eine schrittweise Verringerung der Schuldenlast festgelegt. Für die Zentralregierung in Madrid soll eine Obergrenze für das strukturelle Defizit von 0,26 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gelten, während die Regionalregierungen 0,14 Prozent des BIP einhalten sollen.

Bundeskanzlerin Merkel und der französische Staatschef Nicolas Sarkozy hatten zuletzt allen Euroländern eine derartige Regelung nahegelegt. Spanien profitiert derzeit beim Schuldendienst von Anleihe-Ankäufen der Europäischen Zentralbank, die die Renditen am Kapitalmarkt zuletzt drückten.

Spanien hat sich verpflichtet, sein Defizit bis 2013 auf unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. Der unpopuläre Ministerpräsident Zapatero, der bei den Wahlen am 20. November nicht mehr antritt, hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Schuldenbremse noch vor seinem Abgang auf den Weg zu bringen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • J
    jasso

    Schuldenbremse ? Das eigentliche Problem sind die Zinseszinsen. Ohne eine Änderung des gesamten Geldsystems wird sich keine Lösung finden. Eine Änderung wird es aber nicht geben, weil diejenigen, die jetzt (noch) davon profitieren, dies zu verhindern wissen. Also führt eine Schuldenbremse unweigerlich zur Depression in der Wirtschaft, weil ja dem Wirtschaftskreislauf weiterhin Geld (Kapital) durch die Zinseszinsen entzogen wird.