Höhere Steuern gefordert: Reiche wollen mehr zahlen
Immer mehr Milliardäre in immer mehr Ländern wollen lieber höhere Steuern zahlen als zusehen, wie die Staaten sich kaputtsparen.
BERLIN taz | Die schwarz-gelbe Koalition droht mit ihrem Versprechen, ab 2013 die Steuerbelastung erneut zu senken, den Anschluss zu verpassen. Heute braucht es vielmehr höhere Steuern. Und die zu zahlen, dazu erklären sich immer mehr Superreiche bereit, zuletzt in Frankreich.
Nachdem dort Premierminister François Fillon gerade ein harsches Sparpaket vorgestellt hat, erschien am Donnerstag in der Zeitschrift Nouvel Observateur ein klarer Appell an die Politik: "Besteuert uns!" Die 16 Unterzeichner gehören zu den reichsten Menschen des Landes, wie die vor Kurzem eher wegen des Vorwurfs illegaler Parteispenden aufgefallene Erbin des Kosmetikriesen LOréal, Liliane Bettencourt, Arbeitgeberpräsident Maurice Lévy und der Volvo-Aufsichtsrat Louis Schweitzer, Großneffe des berühmten Urwaldarztes Albert Schweitzer.
"Wir, Firmenmanager, Geschäftsleute, Bankiers und begüterte Bürger, wünschen die Einführung einer Sonderabgabe für die wohlhabendsten Steuerzahler", heißt es darin. Man wolle damit zum Erhalt eines Wirtschaftsmodells und eines entsprechenden europäischen Umfeldes beitragen, deren Nutznießer man sei.
Die Superreichen sehen durchaus, dass eine solche einmalige Abgabe eine eher symbolische Wirkung hat. Deshalb fordern sie zudem eine Haushaltspolitik, die nicht nur die Ausgaben zu begrenzt, sondern auch für langfristig höhere Steuereinnahmen sorgt.
Einfallslose Regierungen
Bislang fällt den Regierungen, sei es in Europa oder den USA, nichts anderes ein, als immer noch mehr gegen die Krise anzusparen. Frankreichs Regierung hat lediglich eine "Reichensteuer" von 3 Prozent angekündigt, die bei Jahreseinkommen von mehr als 500.000 Euro fällig wird und nur 200 Millionen Euro in die Staatskasse spülen soll.
Alle wissen, dass die Sparprogramme die Konjunktur noch weiter abwürgen und dass soziale Spannungen wachsen - siehe die Jugendproteste in Spanien und Portugal oder die Plünderungen in Großbritannien. Doch kaum jemand außerhalb von Organisationen wie Attac hat es bislang gewagt, mehr Einnahmen für den Staat zu fordern.
Nur einige wenige Reiche machten bislang eine Ausnahme. Der Hamburger Reeder Peter Krämer zum Beispiel rief schon 2005 gemeinsam mit 20 Mitunterzeichnern zu einer höheren Besteuerung von Vermögen und Erbschaften auf. Vergangenes Jahr ging er erneut mit der Forderung nach Wiedereinführung der 1997 abgeschafften Vermögensteuer an die Öffentlichkeit. Begründung: "Wir haben in Deutschland eine absolute soziale Schieflage." Da ging es gerade um die Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger.
Auch der durch eine Erbschaft an Geld gekommene Arzt Dieter Lehmkuhl forderte vor zwei Jahren zusätzlich zu einer laufenden Vermögensteuer eine einmalige Vermögensabgabe, die mindestens 50 Milliarden Euro einbringen sollte. 23 Begüterte haben den Appell unterschrieben.
Initiative: "Vermögensteuer jetzt!
Jetzt werden ihre Überzeugungen langsam salonfähig. In Deutschland kämpft der Chef des Motorölherstellers Liquid Moly, Ernst Prost, gemeinsam mit Wissenschaftlern und Gewerkschaftern in der Initiative "Vermögensteuer jetzt!" mit, die dem Staat Mehreinnahmen von bis zu 20 Milliarden Euro pro Jahr verschaffen will. In Italien erklärte Ferrari-Aufsichtsrat Luca di Montezemolo: "Ich bin reich. Es wäre nur gerecht, wenn ich mehr zahlte." Inzwischen diskutiert auch die Regierung in Rom über eine Sonderabgabe.
Und erst vor Kurzem hatte der drittreichste Mensch der Welt, der legendäre US-Spekulant Warren Buffett, den Senat der Vereinigten Staaten schockiert, als er dort höhere Steuern für Superverdiener anmahnte. Er selbst habe vergangenes Jahr lediglich 17,4 Prozent seines stattlichen Einkommens an Steuern gezahlt - seine Angestellten im Schnitt aber 36 Prozent. Die Reichen würden vom Gesetzgeber umhegt, lästerte Buffett, "als seien wir Fleckenkäuze oder eine andere vom Aussterben bedrohte Tierart".
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