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Sozis mit Flügeln

■ Politischer Scherbenhaufen in der Mitte und zwei KandidatInnen des Vertrauens

Hamburgs SPD hat am Wochenende zwei weitere Menschen ihres Vertrauens als KandidatInnen für den Bundestag nominiert. In einer Kampfabstimmung setzte sich im Wahlkreis Hamburg Nord am Freitag abend die Parteilinke Anke Hartnagel durch. Die 55jährige gewann gegen Kristel Gießler vom rechten Flügel klar mit 55 zu 35 Stimmen. Auf Hartnagel kommt damit die Aufgabe zu, den Wahlkreis für die Sozialdemokraten zurückzugewinnen. 1994 war er als einziger der sieben Hamburger Wahlkreise von der CDU gewonnen worden. Deren Landes-Chef Dirk Fischer durfte per Direktmandat in Bonn bleiben.

In Bergedorf wurde am Sonntag Rolf Niese erneut nominiert. Ebenfalls in einer Kampfabstimmung setzte er sich gegen die Sozialwissenschaftlerin Ingrid Stöckl durch. Auf den 54jährige Niese entfielen 63 von 75 Stimmen, für Stöckl votierten zwölf Delegierte. Niese sitzt seit 1987 für die Bergedorfer Sozialdemokraten im Bundestag.

Derweil attestieren politische Beobachter dem SPD-Kreisvorsitzenden in Hamburg-Mitte, Bausenator Eugen Wagner, „einen Scherbenhaufen“angerichtet zu haben. Am Freitag abend war Wagners Favorit, der Parteirechte Johannes Kahrs, gegen den erbitterten Widerstand des linken Flügels gewählt worden (taz berichtete). Der hatte zuvor überraschend Ex-Bürgermeister Henning Voscherau, alles andere als ein Liebling der Parteilinken, als Bundestags-Kandidat ins Gespräch gebracht, um den als „unwählbar“geltenden Kahrs zu verhindern.

Wagner brüskierte jedoch seinen langjährigen Weggefährten und Unterstützer Voscherau nachdrücklich. Er unterließ es, ihn ebenfalls um seine Kandidatur zu bitten, was Voscherau erwartet hatte, und setzte seinen politischen Ziehsohn Kahrs durch. Nun drohen, so munkeln politische Beobachter, die längst überwunden geglaubten Flügelkämpfe in der Hamburger SPD wieder aufzubrechen. smv

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