Sozialverband für Mindest-Rente: Gegen Altersarmut von Kleinverdienern

Der Sozialverband Deutschland fordert für Niedrigverdiener eine Renten-Mindestsicherung. Die gesetzliche Rente soll gestaffelt mit der Grundsicherung verrechnet werden.

Niedrigverdiener, bekommen bislang oftmals nur Rente auf Hartz IV-Niveau: Fernsterputzer in Berlin. Bild: dpa

BERLIN taz Es ist eine drängende Gerechtigkeitsfrage: Niedrigverdiener, die nur wenig in die gesetzliche Rente einzahlen können, bekommen am Ende eines langen Arbeitslebens oftmals nur ein Ruhegeld, das nicht höher ist als Hartz IV. Das betrifft vor allem die heute Jüngeren, die in Zukunft erst recht wenig Rente zu erwarten haben. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) legte nun am Freitag ein Konzept vor, das Geringverdienern künftig eine Rente oberhalb der Armutsgrenze garantieren soll.

Mit dem neuen Vorschlag wolle man "die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen", sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer. Das Konzept sieht vor, dass eine kleine gesetzliche Rente nicht mehr wie bisher vollständig mit einem möglichen Anspruch auf eine Grundsicherung im Alter verrechnet wird, sondern nur noch gestaffelt. Damit würden KleinrentnerInnen, die Beiträge eingezahlt haben, am Ende bis zu 175 Euro mehr an Einkommen haben als reine Empfänger der Grundsicherung im Alter, die nie Beiträge in die Rente entrichteteten.

Der Vorschlag ist brisant vor dem Hintergrund der Hochrechnung des SoVD, dass künftig ein Durchschnittsverdiener rund 30 Jahre lang Rente eingezahlt haben muss, um dann nur auf ein Alterseinkommen in Höhe der heutigen Kaufkraft von 625 Euro zu kommen. Selbst wenn ein Mindeststundenlohn von brutto 7,50 Euro in Deutschland eingeführt würde, bräuchte ein Beschäftigter künftig 48 Jahre, um mit seiner gesetzlichen Rente nur das Niveau dieser Grundsicherung zu erreichen, rechnete Klaus Michaelis vom SoVD-Bundesvorstand vor. Viele aber blieben darunter.

Erhält nun ein alleinstehender Erwerbstätiger oder eine Erwerbstätige beispielsweise im Alter nur eine gesetzliche Rente von netto 300 Euro, dann wird diese Summe bisher vollständig mit dem Anspruch auf eine aufstockende Grundsicherung verrechnet, am Ende bleibt also ein Alterseinkommen von 625 Euro. Nach dem Konzept des SoVD aber würden die ersten 100 Euro aus der gesetzlichen Rente anrechnungsfrei bleiben, die zweiten 100 Euro sollen zu 50 Prozent und die dritten 100 Euro zu 25 Prozent verrechnet werden. Die Kleinrentnerin würde daher inklusive der aufstockenden Grundsicherung auf ein Gesamteinkommen von 800 Euro im Monat kommen. Ein ähnliches System der gestaffelten Anrechnung findet sich derzeit schon bei Hartz-IV-Empfängern, die nebenbei arbeiten. Erwerbseinkommen werden nicht vollständig vom Leistungsanspruch abgezogen.

Der Sozialverband rechnet durch sein Konzept mit Mehrkosten von mindestens einer Milliarde Euro, die vom Steuerzahler zu tragen wären. Bisher ist die Zahl der Älteren, die steuerlich finanzierte Grundsicherung beziehen, weil die gesetzliche Rente nicht reicht, noch eher klein. Im Jahr 2007 lag sie bei 500.000, Tendenz steigend. Bevor ein älterer Mensch aufstockende Grundsicherung bekommt, wird nämlich auch Privatvermögen, private Altersvorsorge und das Einkommen des Ehepartners mit berücksichtigt.

Eine Aufstockung von Minirenten durch Steuergelder wirft neue Gerechtigkeitsfragen auf. Damit könnten etwa Teilzeitbeschäftigte mit hohen Stundenlöhnen am Ende aufgrund ihres niedrigen Rentenanspruchs eine ähnliche steuerliche Aufstockung bekommen wie vollzeitbeschäftigte Niedrigverdiener. SoVD-Präsident Bauer hält diese Gefahr allerdings für gering. Wer etwa aufgrund des Einkommens des Ehepartners gar keinen Anspruch auf Grundsicherung hätte, könne auch die Aufstockung der Kleinrente nicht in Anspruch nehmen, meinte Bauer.

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