Soziale Stadt: Engagement von Migranten im Kiez wächst
In den Quartiersmanagement-Gebieten Berlins steigt die Beteiligung von Migranten. Eine Studie im Auftrag des Senats bemängelt aber auch, dass sich dieses Engagement im Wesentlichen auf türkische Quartiersbewohner beschränkt.
Geht es um das Thema "soziale Stadt", sind die Schlagzeilen selten positiv. Nun gibt es auch einmal eine gute Nachricht zu verkünden: Das Engagement von Migranten in den Quartiersmanagement-Gebieten Berlins steigt. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durchgeführt hat.
Sechs Monate lang hat das Difu in zwölf Quartieren nach der Beteiligung von Migranten geforscht. Dabei hat die Soziologin Bettina Reimann herausgefunden, dass der Migrantenanteil in den Quartiersbeiräten bei 24 Prozent liegt. Davon sind 42 Prozent Frauen. In den Beiräten wird zum Beispiel über die Vergabe von Projekten entscheiden.
Für die für Stadtentwicklung zuständige Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) ist das ein "außerordentlich erfreuliches Ergebnis, weil es den Eindruck widerlegt, dass sich Migranten zu wenig beteiligen". Dunger-Löper weiter: "Auch wenn wir wissen, dass der Anteil von Nichtdeutschen in der Quartiersarbeit bestimmt noch erhöht werden kann, belegt diese Studie, dass wir es schaffen, die unterschiedlichsten Nationen im Kiez anzusprechen."
Tatsächlich sind es im Wesentlichen türkische Quartiersbewohner, die sich in den Beiräten engagieren. Ihr Anteil liegt bei 16 Prozent. Nur 5 Prozent der Beiräte sind dagegen arabischer Herkunft. Defizite gibt es laut Difu-Mitarbeiterin Reimann auch bei Quartiersmitarbeitern aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie den GUS-Staaten. Um das zu verbessern, schlägt das Difu eine "Aktivierung der quartiersbezogenen Netzwerke" vor. Dazu zählen Migrantenorganisationen ebenso wie Kirchen und Moscheevereine.
Aber auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung trägt ihren Teil zum stärkeren Engagement für Migranten bei. "In jedem der 29 Gebiete mit Quartiersmanagement muss einer der drei Quartiersmanager Migrationshintergrund haben", sagt Philipp Mühlberg, der das Quartiersmanagement und die Projekte im Rahmen des Bund-Länder-Programms "soziale Stadt" koordiniert. "Darüber hinaus werden sämtliche Mitarbeiter in interkultureller Kompetenz gecoacht", so Mühlberg.
Was ein solches interkulturelles Team leisten kann, zeigte sich vor einem Jahr im Kreuzberger Wrangelkiez. Nachdem es dort zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizei gekommen war, organisierte das Quartiersmanagement einen runden Tisch, an dem Jugendliche, Eltern, Polizei und Bezirkspolitiker ihre Sicht auf die Dinge austauschten. Für Senatsmitarbeiter Mühlberg sind dezentrale Netzwerke wie diese auch der Garant dafür, dass es in Berlin keine Auseinandersetzungen wie in Paris geben wird.
Ähnlich sieht das Staatssekretärin Dunger-Löper: "Kreuzberg und Neukölln sind mit der Banlieue nicht vergleichbar. Wir haben hier noch eine ganz andere soziale Mischung."
Um die Erfahrungen zwischen den Quartiersmanagement-Gebieten auszutauschen, soll es im Frühjahr erstmals eine Konferenz aller Quartiersräte geben.
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