Soziale Benachteiligung durch Corona: Die Krisen der Ungleichheit

Wie das Coronavirus trifft auch der Klimawandel nicht alle in der Gesellschaft gleich stark. Ohnehin benachteiligte Gruppen sind überproportional betroffen.

Kassiererin am Band

KassiererInnen haben Kontakt zu vielen Menschen und deshalb ein höheres Infektionsrisiko Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Zu Beginn der Verbreitung des Covid-19-Virus behaupteten manche, das Virus unterscheide in seiner Auswahl nicht, es treffe alle Menschen gleich. Corona diskriminiere nicht nach Geschlecht, Hautfarbe oder Konfession.

Doch der Ton hat sich geändert. Der Historiker ­Colin Gordon spricht vom „Ungleichheitsvirus“. Er sagt, dass das Virus zwar alle treffe, aber eben alle nicht gleich schwer. Es scheint, als wirkten Pandemie wie Klimakrise wie ein Röntgenstrahl auf die Gesellschaft, durch den existierende soziale Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten offengelegt werden.

Fachkräfte im Verkauf von Lebensmitteln verdienten im Dezember 2018 bundesweit durchschnittlich 1.882 Euro brutto. Damit zählen viele von ihnen zu den Geringverdienenden. Sie sind wie andere Berufe mit regelmäßigem Kontakt zu vielen Menschen einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. Hier beginnt die Ungleichheit, da ein erhöhtes Infektionsrisiko wirtschaftlich benachteiligte Menschen trifft.

Die mehrfache Benachteiligung durch die Pandemie macht an keiner Grenze halt. In vielen Staaten der USA liegt die Sterberate von Afroamerikaner*innen im Zusammenhang mit Covid-19 alarmierend über dem prozentualen Bevölkerungsanteil. In Großbritannien ist es ähnlich: Laut einer Studie gehören 35 Prozent der schwer Erkrankten ethnischen Minderheiten an, ihr Anteil an der Bevölkerung liegt bei 14 Prozent.

Benachteiligte können nicht so gut fliehen

In der Klimakrise zeigen sich die gleichen Muster. Auch hier sind benachteiligte Gruppen überproportional von den Folgen der Krise betroffen. Der globale Süden, der historisch wie aktuell für weniger Schadstoffemissionen verantwortlich ist, trägt die schwersten Folgen. Auch innerhalb eines Landes sind Menschen unterschiedlich stark von der Klimakrise betroffen. Das gilt auch für ihre Fluchtmöglichkeiten.

Häufig sind es ohnehin benachteiligte Menschen, die nicht die Ressourcen haben, ihre von den Folgen des Klimawandels betroffene Region zu verlassen. Zum Beispiel im Ganges-­Brahmaputra-Meghna-Delta: Hier müssen die Menschen einen steigenden Meeresspiegel und Küstenerosion bewältigen. Während ärmere Anwohner*innen seltener und über kürzere Distanz mi­grie­ren, verlassen Wohlhabendere die Region häufiger und ziehen weiter weg.

Pandemie und Klimakrise treffen bereits von Diskriminierung betroffene Gruppen besonders hart. An beiden Phänomenen lässt sich beobachten, dass soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit reproduziert oder zusätzlich verstärkt wird. Handlungsansätze für die Klimakrise sollten deshalb nicht nur nach ihrem ökologischen, sondern auch nach ihrem sozialen Wert bemessen werden. Es ist unsere Aufgabe, die Machtverhältnisse so zu verändern, dass Klimagerechtigkeit reale politische Priorität erhält.

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hat internationale Beziehungen studiert und forscht zu Klima-Migration.

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