: Sozialbehörde arbeitet ineffizient
■ Ploenske-Gutachten: Soziale Dienste sind zu zentralistisch und chaotisch
Das Bremer Sozialressort verwaltet mit mehr als 2000 MitarbeiterInnen einen Etat von mehr als einer Milliarde jährlich. Das Ressort hat vor Jahren einen Unternehmensberater (Ploenske Consult AG) damit beauftragt, die „Kommunikations-, Kooperations- und Führungsstrukturen“ dieses Großbetriebes zu durchleuchten und die Frage zu beantworten, ob die „Neuordnung der Sozialen Dienste“ (NOSD) vom Ende der 80er Jahre eigentlich zu zeitgemäßen und effektiven Strukturen der sozialen Dienste geführt hat.
Nachdem die Sozialbehörde als Auftraggeber den ersten (vertraulichen) Entwurf des Gutachtens vor gut einem Jahr zurückgewiesen hatte, liegt nun die zweite Fassung vor - immer noch ist das Resultat vernichtend. Ineffizient sind die Sozialen Dienste, chaotisch organisiert und ohne jegliches Controlling - so könnte man das Ergebnis frei zusammenfassen. Der erste Berichtsentwurf muß das sehr drastisch formuliert haben, er wurde nicht akzeptiert und nie veröffentlicht. Im zweiten Bericht schreiben die Gutachter dasselbe mit dem Segen ihrer Auftraggeber so auf: die Organisationsstruktur führt „zu erheblichen Kommunikations- und Koordinationsproblemen, die auch zu Ineffizienzen führt“.
Die Sozialsenatorin wollte bei der Vorstellung des Berichtes keine Beispiele erzählen, die das verdeutlichen – sie stimmte aber dem Reorganisationsbedarf zu. Daß mehr Sitzungen stattfinden als Entscheidungen getroffen werden, war vom Modellprojekt so gewollt. Die Einführung der NOSD, so schreiben die Gutachter nicht ohne Ironie, war seitens des Senators „durch das stete Bemühen um Konsens und Beteiligung und eine häufig dahinter zurückstehende Konsequenz bei der Anwendung zielgerichteter Organisationsprinzipien geprägt“.
Über das Ausmaß des organisatorischen Chaos machen die Gutachter ebenso verbrämte Andeutungen: „Ergebnis- , Finanz-, Personal- und Organisationsverantwortung dürfen nicht länger zwiwchen den dezentralen oder auch zwischen dezentralen und zentralen Organisationseinheiten verteilt und verschoben werden.“ Das „aufwendige Konferenzsystem“ sei zudem unzeitgemäß, denn, so das Gutachterdeutsch, „der Austausch von Daten und Informationen ist hierbei an das physische Zueinanderkommen von Führungskräften und Mitarbeitern gekoppelt. Dies entspricht sicherlich dem in den 70er Jahren für die damalige Neuorganisation der Sozialdienste verfügbaren Stand der Informationstechnologie...“
Irgendwo in den alten Papieren zur Idee der Neuorganisation steht, daß die Sozialen Dienste dezentralisiert werden sollten. Dies aber, stellen die Gutachter fest, ist nur halb umgesetzt. Im Streit zwischen den Ortsämtern und der Behörde entstand damals das Konstrukt von vier „Ämtern für soziale Dienste“, die weder zentral noch wirklich stadtteilnah sind. Die auswärtigen Gutachter haben für diese Bremensie gar kein Verständnis. Es sei „nicht gelungen, den gewünschten direkten sozialräumlichen Bezug herzustellen“, formulieren sie. Konsequenz: 8-10 Sozialdienste in den Stadtteilen soll es geben statt der vier Ämter, „fußläufig“ erreichbar. Und die sollen dezentral entscheiden können und auch für das Geld verantwortlich sein. Bisher, so beklagte die Sozialsenatorin, wissen die Kräfte vor Ort überhaupt nicht, was das kostet, was sie anordnen.
Und das zentrale Amt soll sich auf Kontrolle beschränken. Dafür, so die Gutachter, müsse aber erst einmal ein System von Berichterstattung entwickelt werden, das wirkliche Kontrolle erlaubt.
Das Ploenske-Gutachten geht nun in die zuständigen Ausschüsse. K.W.
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