Sorgfaltspflicht bei Olympia: IOC laviert bei Zwangsarbeit
Mehrere NGOs gehen davon aus, dass olympische Uniformen teils in Zwangsarbeit hergestellt worden sind. Dem IOC werfen sie Intransparenz vor.
Bei olympischen Uniformen und anderen Produkten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die bei den Winterspielen benutzt und verkauft werden, besteht nach Meinung einer Koalition von Nichtregierungsorganisationen das Risiko, dass die Herstellung mit schweren Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang einherging.
Dort ist die Heimat der von Peking unterdrückten muslimischen Uiguren und ein Hauptanbaugebiet für Baumwolle. Die Region ist bekannt für Zwangsarbeit von Uiguren in der Baumwollproduktion.
China ist nach Indien der zweitgrößte Baumwollproduzent der Welt. Laut der Koalition aus Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und religiösen Gruppen ist bei jedem fünften weltweit verkauften Baumwollkleidungsstück Zwangsarbeit aus Xinjiang involiert. Die US-Regierung hat inzwischen ein generelles Importverbot für Produkte aus Xinjiang verhängt.
Das IOC hatte am 19. Januar erklärt, dass es im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht ausschließen könne, dass die für die Spiele verwendete Kleidung und Produkte aus China in Zwangs-, Sklaven- und Kinderarbeit entstanden seien.
Vorwurf mangelnder Transparenz vs. Schutz der Integrität
So habe laut IOC die Hengyuanxiang-Gruppe (HYX Group) schriftlich versichert, dass sie gar keine Baumwolle aus Xinjiang verwende, sondern nur aus anderen Regionen. Und die von Chinas größtem Sportartikelhersteller Anta Sports bezogenen Produkte würden nur recycelte künstliche Stoffe und gar keine Baumwolle enthalten. Das IOC berief sich zudem auf Überprüfungen durch eine nicht genannte Auditingfirma.
Die Koalition, die nach eigenen Angaben aus 400 Organisationen aus 40 Ländern besteht, wollte das aber genauer wissen und fragte deshalb am 31. Januar in einem Brief an den deutschen IOC-Chef Thomas Bach nach. Doch laut der Koalition habe man bis heute keine Antwort bekommen.
Auf taz-Anfrage wiederholte die Pressestelle des IOC in Lausanne am Montag den Inhalt seiner bekannten Erklärung und verwies darauf, dass man sich im Hinblick auf Details im in solchen Fällen üblichen Rahmen bewege. So könne man etwa den Namen der Auditingfirma nicht nennen, weil deren Integrität zu schützen sei. Im Übrigen weise man die Vorwürfe mangelnder Transparenz zurück.
Die Koalition, für die vor allem Human Rights Watch öffentlich auftritt, hatte von Bach wissen wollen, welche weiteren Firmen für das IOC in Xinjiang produziert haben, wann und wo welche Produktionsstätten untersucht worden seien, wer das Auditing nach welchen Methoden durchgeführt habe und wie die Behauptungen von HYX Group und Anta überprüft worden seien.
IOC schweigt zu Produkten des lokalen Organisationskomitees
In einer am Montag von Human Rights Watch im Namen der Koalition veröffentlichten Erklärung wird zudem darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Spiele auch viele Produkte mit den fünf Ringen drauf nicht nur für das IOC, sondern auch für das lokale Pekinger Organisationskomitee (Bocog) produziert und verkauft worden seien. Doch mache das IOC keine Angaben, ob und unter welchen Bedingungen Bocog-Produkte in Xinjiang produziert worden seien.
„Der Umgang des IOC mit seiner Sorgfaltspflicht ist so eng gefasst, dass seine Ergebnisse inakzeptabel sind“, sagte Bennet Freeman vom Steuerungskreis der Koalition und ein früherer US-Staatssekretär für Demokratie, Menschenrechte und Arbeit der US-Regierung.
Die Koalition wirft dem IOC vor, sich nicht an dessen eigenen Lieferantenkodex zu halten. Der sehe einen Umgang in „offener, konstruktiver und transparenter Art“ mit den Produzenten vor.
Kein glaubwürdiges Auditing in Xinjiang möglich
Angesichts der eingeschränkten Bewegungsfreiheit und massiven Überwachung weigern sich inzwischen renommierte Auditingfirmen, die Zulieferer und Produzenten in den Lieferketten von Konzernen inspizieren, solche Überprüfungen in Xinjiang vorzunehmen. Denn sie können nicht garantieren, dass sie überhaupt die relevanten Informationen und Zugänge erhalten und ihre Ergebnisse verlässlich sind.
Gegen Firmen wie H&M, die darauf öffentlich erklärten, keine Baumwolle mehr aus Xinjiang zu beziehen, wurden in China Boykottkampagnen lanciert.
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