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Sonnenwendfeuerwehr

■ Hitlers alte Helden und neue Heiden: Rüdiger Sünners Dokumentarfilm Schwarze Sonne erzählt von der Suche der Nationalsozialisten nach einer politischen Religion

„Man hat die Hölle wie den Himmel, die Berserker wie die Theologie kampflos der Reaktion überlassen“, schrieb der marxistische Philosoph Ernst Bloch am Vorabend der Machtübertragung an die Nationalsozialisten. Er sah das Aufbrechen eines „geheimen Deutschlands“, eines „eingesunkenen Mutterhauses“ völkischer und neuheidnischer Tendenzen auf die Republik zukommen, die sich „einem kochenden Behälter von Vergangenheit“ gleich von der Scholle gegen die Stadt ergossen.

Dass der Nationalsozialismus den äußersten Umschlagpunkt von Aufklärung in den Mythos markiere, darüber waren sich alle Kritiker aus der Linken einig, ganz egal ob sie in ihren Analysen dessen Funktionalität oder Irrationalität herausstrichen. Welche Formen im Einzelnen die ideologische Mythisierung des Alltags aber annahm, blieb da oft von zweitrangigem Interesse. Schließlich hatte man es ja mit „Blödsinn“ (Bloch) zu tun.

Einen Versuch, die obskurantistischen, esoterischen Ur- und Abgründe historisch zu rekonstruieren, die Hitler mit den Weg bereitet haben, hat Rüdiger Sünner in seinem Dokumentarfilm Schwarze Sonne unternommen. An der Schnittstelle von Naturmystik, esoterischer Spekulation und völkischer Ideologie, im Sprachsumpf zwischen „Lichtgestalten“ und „Wotansreligion“, begegnen wir so etwa dem um 1870 durch die Wälder trollenden österreichischen Schriftsteller Guido von List, dessen germanischen „Kultplatzführer“ den jungen Hitler beeindruckten. Lists Einsichten basierten dabei nicht auf archäologischer Forschung, sondern auf blanker Spekulation, und wo die nicht ausreichte, half er mit ein paar Flaschen Rotwein nach, bis er „im Rauschen der Bäume die Stimme von Göttern“ hörte.

Doch die jugendbewegte Zivilisationsflucht trug im Keim bereits den späteren Antisemitismus in sich: Nordische Mystik wurde darin gegen römisch-christliche Rationalität mobilisiert; von Juden sprach List als „Schmarotzervolk“. Im Schatten von List tummelten sich dann später Gestalten wie Adolf Lanz, dessen „Ostara“-Schriften zur Lektüre Hitlers gehörten, oder Rudolf von Sebotten-dorff, dem Gründer der „Thule-Gesellschaft“, aus deren Seitensträngen die NSDAP hervorgehen sollte.

Sünner entwickelt diese Geschichte detailreich und didaktisch – über die Versuche der SS, sich als „Orden“ zu mystifizieren, und die geplanten Kultstätten Speers – bis hin zur rechten Esoterik-szene der Gegenwart. Sie ist deshalb faszinierend, weil in der Neonazi-Szene, all dieser „Blödsinn“ nach wie vor für bare Münze genommen wird. Als Geschichte nationalsozialistischer Herrschaft wäre sie dennoch untauglich: Denn neben den mythisch „Verführten“ müssten auch die Täter stehen, die profitierten. Und die machten ein ganzes „Volk“ aus. Tobias Nagl

Di, 14.3., 19 Uhr (Gast: Rüdiger Sünner), Metropolis

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