Sonnenenergie statt Flugbenzin: Mit Solarstrom um die Erde
Am Samstag wollen zwei Abenteurer mit ihrem Solarflugzeug in Abu Dhabi starten. Die Reise soll fünf Monate lang dauern.
FREIBURG taz | Am Samstag soll es nun losgehen: Die beiden Schweizer Abenteurer Bertrand Piccard und André Borschberg wollen zur Weltumrundung per Solarflugzeug aufbrechen. Der 57-jährige Piccard, der bereits 1999 als erster Mensch die Erde in einem Ballon nonstop umrundete, will damit zeigen, was mit Solarenergie heute möglich ist.
Sein Flugzeug, „Solar Impulse 2“, ist das Resultat aus 13 Jahren Arbeit. Es verfügt über 17.248 Solarzellen, die auf den Tragflächen angebracht sind und eine Fläche von 270 Quadratmeter einnehmen. Mit einer Spannweite von 72 Metern übertrifft der Solarflieger selbst eine Boeing 747. Gleichwohl ist er mit seinen 2.300 Kilogramm nicht schwerer als heute manches Autos, wobei allein ein Viertel des Gewichts auf die Batterien entfällt.
Trotzdem reichen die Batterien nicht aus, um die Nächte ohne Sonnenstrom komplett überbrücken zu können. Die Piloten werden daher ihre Flughöhe zwischen fast 9.000 und 1.500 Meter variieren müssen: Tagsüber wird das Fluggerät an Höhe gewinnen und zugleich die Lithium-Batterien laden, abends wird es dann in den Segelflug übergehen, der pro Stunde etwa 1.000 Höhenmeter kostet. Erst jeweils in der zweiten Nachthälfte sollen die Batterien angezapft werden.
Allerdings wird der Flug um die Erde, für den mehr als vier Monate angesetzt sind, in Etappen stattfinden. Die beiden Flugpioniere werden sich am Steuer abwechseln, denn um Gewicht und damit Energie zu sparen, verfügt das Fluggerät nur über Platz für einen Piloten.
Und ohne Pausen wären für nur einen Piloten die Flugzeiten zu lang. Die Fluggeschwindigkeit liegt in maximaler Reisehöhe schließlich nur zwischen 57 und 90 Kilometer pro Stunde, auf Meereshöhe kann das Tempo sogar auf die Mindestgeschwindigkeit von nur 36 Kilometer pro Stunde absinken. Somit benötigt der Flieger für die beiden Teilstrecken über den Pazifik und den Atlantik jeweils fünf Tage und fünf Nächte.
„So was geht nur durch Selbsthypnose“
Womit man bei der größten Herausforderung dieses Projektes angelangt ist – sie liegt nämlich weniger in der Technik als vielmehr beim Menschen. Der braucht naturgemäß Schlaf, was bei einer fünftägigen Flugetappe ein echtes Problem darstellt. Piccard und Borschberg haben daher trainiert, immer nur 20 Minuten am Stück zu schlafen – das ist eine Zeitspanne, die man dem Autopiloten noch überantworten kann. Zehnmal innerhalb von 24 Stunden wollen die Piloten so eine Kurzschlafphase einschieben. „So was geht nur durch Selbsthypnose“, sagt Piccard, der als Facharzt für Psychiatrie arbeitet.
Wenn er jetzt am Samstag in Abu Dhabi mit seinem Solarflieger startet, sind die Unternehmen der Luftfahrtbranche außen vor – die zeigten kein Interesse. Flugzeughersteller hätten ihm sogar gesagt, es sei unmöglich, ein Fluggerät zu bauen, das nur mit Solarenergie die Erde umrunden kann, sagt Piccard. Er versuchte gar nicht erst, sie zu überzeugen. „Das mache ich grundsätzlich nicht, ich arbeite nur mit Leuten zusammen, die die nötige Begeisterung aufbringen.“
Bei Technologiefirmen wie ABB, Schindler und Solvay fand er Unterstützung. „Wer etwas Neues versuchen will, kann nicht mit den Vertretern der etablierten Technik arbeiten – er muss Leute von außen suchen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen