Sondierungsgespräche in Berlin: Psst, ganz geheim!
Nach der Abgeordnetenhauswahl spricht die SPD an diesem Montag mit CDU und FDP. Die Sondierungen mit Linken und Grünen verliefen vielversprechend.
Am Freitag verhandelte die SPD als Siegerin der Abgeordnetenhauswahl erst einzeln mit den bisherigen Koalitionspartnern, den Grünen und Linken; am Montag soll es weitergehen mit CDU und FDP. Da alle Parteien bemüht sind, sich möglichst viele Machtoptionen offenzuhalten, sind die kurzen Stellungnahmen nach diesen Gesprächen mit Vorbehalt zu bewerten. Aber was Grüne und Linke angeht, kann man wohl sagen: Es besteht eine sogar begründete Hoffnung, dass R2G als Rot-Grün-Rot in eine Verlängerung gehen könnte.
So dauerte die Freitagsrunde von SPD und Grünen in der Landesgeschäftsstelle der Sozialdemokraten im Wedding fünfeinhalb Stunden. Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach im Anschluss von einem konstruktiven Austausch, der sich an den großen Zukunftsthemen Berlins orientiert habe. „Bei manchen Themen gab es auch Konfliktpunkte“, sagte sie. „Wir haben sehr konstruktiv darüber gesprochen und lösungsorientiert. Und es hat sich gezeigt, es kann Lösungen geben. Ich sehe kein Thema, wo es keine Lösungen geben kann.“ Kommende Woche wollen sich SPD und Grüne erneut treffen.
Das Sondierungsgespräch mit der Linken dauerte mit fast fünf Stunden ähnlich lang. Die Linke-Vorsitzende Katina Schubert sagte anschließend: „Es war ein sehr freundliches und konstruktives Gespräch, und wir werden uns weiter treffen.“ Fast gleich lautend äußerte sich Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer.
Schlechtestes Ergebnis seit 1945 für die SPD
Die SPD hatte die Wahl am Sonntag vor einer Woche trotz ihres schlechtesten Nachkriegsergebnisses von 21,4 Prozent gewonnen. Die Grünen konnten zwar den lange erhobenen Anspruch, ins Rote Rathaus einzuziehen, nicht einlösen, legten aber deutlich zu. Die CDU blieb etwa auf dem Stand von vor fünf Jahre, ähnlich wie die FDP. Die Linkspartei verlor im Vergleich zur Bundespartei nur leicht.
Giffey kann sich nun aber die Koalitionspartner aussuchen. Möglich sind drei Dreierbündnisse: So könnte die SPD wie bisher mit Grünen und Linken koalieren, aber auch mit CDU und FDP oder mit Grünen und FDP.
Worauf hoffen CDU und FDP?
Entsprechend entgegenkommend dürften am Montag CDU und FDP auftreten. Sie könnten darauf setzen, dass zentrale Positionen des SPD-Programms etwa in den Bereichen Sicherheit, Stadtentwicklung und Verkehr leichter mit ihnen durchzusetzen wären als mit Grünen und Linken. Allerdings gibt es auch in der SPD Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit einer der beiden oder gar beiden Parteien. Mitte Oktober will die SPD dann festlegen, mit wem sie Koalitionsverhandlungen aufnimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid