: Sommertrunken am Steuer
■ Erschöpfte und hitzegeplagte Fahrer riskieren ihren Führerschein
„Los, einsteigen - sonst knallt's“, herrscht der Mann seine kleine Tochter wütend an. Das verängstigte Mädchen weiß offensichtlich, daß es ernst wird, stellt das Quengeln ein und kommt der lautstarken Aufforderung unverzüglich nach. Autotüren knallen, und mit quietschenden Reifen schießt der rote Mittelklassewagen mit dem erregten Fahrer am Steuer von der Autobahnraststätte.
Viele heimkehrende Urlauber, zumeist übermüdet und von der Hitze zusätzlich gestreßt, riskieren ihren Führerschein: „Baut der Mann in einer solchen Situation einen Unfall - was durchaus nicht selten vorkommt - muß er mit einer schweren Strafe rechnen, daß heißt, es droht eine saftige Geldstrafe und fast immer Führerscheinentzug“, warnte der Westberliner Verkehrsrichter Fahlenkamp.
Fahlenkamp bestätigte, daß Hitze in seiner langjährigen Richtertätigkeit schon oft auslösender Faktor für Verkehrsunfälle gewesen sei. Er sagte: „Das wird vor Gericht so schlimm bestraft, als wäre man betrunken gefahren.“
Grundlage dafür ist nach Angaben Fahlenkamps der Paragraph 315c des Strafgesetzbuches. Danach macht sich derjenige strafbar, der im Straßenverkehr aufgrund „geistiger oder körperlicher Mängel“ einen Unfall verursacht.
„Bei Hitze - das weiß jeder - steigt die Hektik, wird der Mensch aggressiver und läßt die Aufmerksamkeit nach“, sagte der Richter. Sei der Fahrer dann auch noch erschöpft und nervös - wodurch auch immer - bringe die Hitze „das Faß zum Überlaufen, löst also den Mangel praktisch aus und wird so zum strafbegründenden Faktor“.
Für den Münchner Arbeitsphysiologen Müller-Limmroth sind hohe Aggressionen „ein sicheres Anzeichen für Ermüdungserscheinungen“. In solchen Fällen sollte für frische Luft vor allem ins Gesicht und im Fußraum gesorgt werden. Am besten sei, jede Stunde eine kleine Pause mit etwas Bewegung einplanen, um einen kühlen Kopf zu bewahren.
ap
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