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■ SommerschuleBis zur Sechsten!

In der Sommerschule debattieren LeserInnen die Zukunft von Schule und Hochschule.

Nicht nur die Koalitionspartner in Berlin stehen sich im Streit um die sechsjährige Grundschule unversöhnlich gegenüber. Der kulturkämpferische Riß durchzieht das ganze Land. Im Berliner Parteienstreit ist er idealtypisch abgebildet: Die einen wollen kategorisch für ihre Klientel Gymnasien ab Klasse 5 (CDU). Die anderen wollen auf jeden Fall verhindern, daß die sechsjährige Grundschule peu à peu kaputt gemacht wird (SPD, Bündnis 90/Die Grünen, PDS). Die Berliner Schule sei nicht hauptstadtwürdig, meinen die einen. Die anderen kontern, in ganz Europa sei aus bildungspolitischen und pädagogischen Gründen der Wechsel auf die Oberschule nach Klasse 4 längst out. Überall sei es inzwischen bewährte Praxis, daß alle Kinder sechs Jahre gemeinsam zur Schule gehen – außer eben in Deutschland, Österreich und ein paar Kantonen in der Schweiz.

Ist die sechsjährige Grundschule, wie sie in Berlin und Brandenburg existiert, Zukunfts- oder Restschule? Kann sich Deutschland den Sonderweg der Gymnasien ab Klasse 5 weiterhin leisten? Dazu ist dreierlei anzumerken:

Wie 1920

1. Die Kontroverse stammt nicht erst aus den 70er Jahren, sondern begleitet die Grundschule, seit es sie gibt, also seit der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Schon auf der legendären „Reichsschulkonferenz“ von 1920 befürchtete mancher den Untergang des Abendlandes, zumindest aber des deutschen Gymnasiums: „Eine weitere Ausdehnung des gemeinsamen Unterrichts (über vier Jahre Grundschule hinaus) ist unbedingt abzulehnen [...] Je länger die geistig Kräftigsten und Anspruchsvollsten mit [...] den Mittelmäßigen und den praktisch, nicht wissenschaftlich Begabten zusammen unterrichtet werden, um so mehr werden sie geistiger Zuchtlosigkeit und Schlaffheit verfallen.“

Schon damals hielten die Progressiven dagegen, gemeinsames Lernen sei wichtig für die demokratische Entwicklung unseres Staates. Bis 1918 gab es an den meisten Gymnasien Vorschulen, das heißt die Kinder bestimmter Kreise bekamen ihre Schultüten gleich an einem Gymnasium. Mit der Einrichtung der Grundschulen wurden die Vorschulen abgeschafft, und die Verfasser unseres Grundgesetzes waren so weise, darin den Satz aufzunehmen: „Vorschulen bleiben aufgehoben.“ Zum Ärger mancher, die ihr Kind am liebsten direkt ins Gymnasium einschulen würden.

Auslaufmodell

2. Die Diskussion um die Zukunft der Schule orientiert sich längst an Berlin. Das wichtigste Schulreform-Gutachten „Zukunft der Bildung“ propagiert einhellig die sechsjährige Grundschule. Hessen ermöglicht seit kurzem ihre Einrichtung, Hamburg will sie erproben. In den neuen Bundesländern sind die Mehrzahl der Eltern mit der überhasteten Einführung der vierjährigen Grundschule unzufrieden. Und selbst in Bayern wird es im Herbst eine Volksbefragung geben, in der es auch darum geht, den Übergang aufs Gymnasium nach der sechsten Klasse zu ermöglichen. Ich behaupte: Die vierjährige Grundschule ist ein auslaufendes Modell!

3. Deutschland braucht im Schatten des Euro eine international kompatible Schule. Wenn demnächst (fast) allen Arbeitnehmern die berufliche Mobilität innerhalb Europas aufgegeben ist, wird die deutsche Grundschule unhaltbar. Der Wechsel von einem Land ins andere würde für deutsche Familien mit Kindern zum alles belastenden Drama. Peter Heyer

Der Autor ist im Grundschulverband aktiv. Beiträge (Stichwort „Sommerschule“) an cif@taz.de

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