Somalia: "Versöhnung" und Gefechte
In Mogadischu nimmt die Nationale Versöhnungskonferenz ihre Arbeit auf - nicht weit entfernt wird weiter geschossen. Moderate Islamisten bleiben der Konferenz fern.
NAIROBI taz Es hat etwas Wirklichkeitsfremdes, wie Premierminister Ali Mohammed Ghedi unter grün-rot-gold glitzernden Weihnachtsgirlanden aus Aluminium die erste Debatte der "Nationalen Versöhnungskonferenz" eröffnet. "Ich bin froh, dass sich die Clanchefs der Probleme Somalias annehmen", sagt er. Und dass man der internationalen Gemeinschaft zeigen müsse, dass Somalis in der Lage seien, für Frieden und Stabilität in ihrem seit 16 Jahren gebeutelten Land zu sorgen.
Da hatte Mogadischu gerade die schwersten Kämpfe seit ein paar Wochen überstanden: Am frühen Donnerstagmorgen eröffneten regierungsfeindliche Gruppen mit Granaten, Raketenwerfern und Maschinengewehren das Feuer auf Soldaten, die den Bakara-Markt im Süden der Stadt bewachten. "Der Himmel stand in Flammen, es war taghell", berichtet ein Bewohner. Hunderte Familien flohen aus ihren Betten und legten sich flach auf den Boden, um Querschlägern zu entgehen.
Am nächsten Morgen hatten die äthiopische Armee und die Truppen der Übergangsregierung die Lage wieder unter Kontrolle, doch der nächste Anschlag schien nur eine Frage der Zeit: Seit mehr als zwei Wochen explodiert täglich irgendwo ein Sprengsatz. Selbst die offizielle Eröffnung der Versöhnungskonferenz am Sonntag wurde abgebrochen, weil auf dem angeblich sicheren Veranstaltungsgelände Granaten einschlugen.
Wenn es nach den Wünschen vor allem der Europäer geht, soll die Versöhnungskonferenz dafür sorgen, dass solche Anschläge bald der Vergangenheit angehören. Doch die Somalis sind skeptisch. "Es gibt keine Streitigkeiten zwischen den Clans, die Probleme in Somalia sind politischer Natur", sagt Abdi Kafi Hilowle, der Somalias Nichtregierungsorganisationen koordiniert. Gerne hätte die Zivilgesellschaft an den Verhandlungen teilgenommen, so Kafi - doch das sei von den Organisatoren abgelehnt worden.
Ebenfalls nicht mit am Tisch sitzen die Islamisten, die die Übergangsregierung gemeinsam mit Äthiopiens Armee Ende Dezember aus dem Amt gejagt hat. Die wenigen moderaten Islamisten hatten schon früh abgelehnt, an der Konferenz teilzunehmen, solange äthiopische Truppen in Mogadischu stationiert sind. Doch ohne die äthiopische Armee, das weiß die Übergangsregierung, wäre die Lage längst außer Kontrolle.
Kritiker werfen der Regierung zudem vor, die Konferenz für ihre Zwecke zu missbrauchen. Der mächtige Hawiye-Clan, der die Mehrheit der Bevölkerung in Mogadischu stellt, hat sich über das Gipfeltreffen zerstritten. Ein Subclan, die Abgal, nehmen vorerst teil - die stärksten Unterstützer der islamischen Gerichtshöfe, der Ayr-Subclan, nicht. Vor diesem Hintergrund fragen sich auch viele Teilnehmer, was genau die Konferenz erreichen soll.
Dass die Konferenz ganz abgesagt wird, ist hingegen unwahrscheinlich. EU-Entwicklungskommissar Louis Michel hatte früh klargemacht: Ohne Versöhnungskonferenz keine Hilfsgelder. Zwar ist man, so heißt es in Nairobis Diplomatenkreisen, in Brüssel nicht begeistert darüber, wie Somalias Übergangsregierung den Gipfel für ihren Machterhalt nutzt. Doch alternative Ideen liegen bislang nicht auf dem Tisch.
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