piwik no script img

Sojanin bleibt Bürgermeister in MoskauNawalny stark, doch unterlegen

Moskaus amtierender Bürgermeister hat sich bei der jüngsten Wahl gegen Oppositionsführer Alexej Nawalny durchgesetzt. Der spricht von Fälschungen.

Verloren und doch im Fokus: Alexej Nawalny. Bild: reuters

MOSKAU dpa/afp | Bei der Bürgermeisterwahl in Moskau hat Amtsinhaber Sergej Sobjanin nach Auszählung fast aller Stimmzettel gegen Oppositionsführer Alexej Nawalny gewonnen. Der 55 Jahre alte Weggefährte von Kremlchef Wladimir Putin kam demnach auf rund 51,27 Prozent der Stimmen. Das teilte die Wahlleitung der Agentur Interfax zufolge am Montag mit.

Der 37 Jahre alte Blogger Nawalny erreichte demnach rund 27 Prozent – fast doppelt so viel wie erwartet. Nach der Abstimmung vom Sonntag für die insgesamt sechs Kandidaten stand das Endergebnis immer noch nicht fest. Ein Prozent der Stimmzettel war nicht ausgezählt. Eine Stichwahl werde es nicht geben, hieß es.

Der prominente Anti-Korruptionskämpfer Nawalny, der die zersplitterte Protestbewegung gegen Präsident Putin anführt, hat Proteste gegen das Ergebnis angekündigt. Der 37-Jährige sprach von „eindeutigen Fälschungen“ und forderte eine zweite Wahlrunde. Teilergebnissen zufolge erhielt der vom Kreml unterstützte Sobjanin im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit.

Nach Meinung von unabhängigen Beobachtern ging er überraschend stark aus seiner ersten Teilnahme an einer Wahl hervor. Die unabhängige Organisation Golos bezweifelte ebenfalls, dass Sobjanin die nötigen 50 Prozent im ersten Wahlgang tatsächlich erreicht hat.

Der vom Kreml gestützte Amtsinhaber wertete das Wahlergebnis als eine Absage der Hauptstädter an einen möglichen Machtwechsel in der größten europäischen Stadt. „Wenn versucht wird, die Stadt zu einem politischen Schlachtfeld für eine Revolution zu machen – dann brauchen das die Moskauer absolut nicht“, sagte Sobjanin. Er habe alles getan für eine ehrliche Wahl. Der Urnengang galt auch als Stimmungstest für das Machtlager um Kremlchef Putin.

Oppositionskandidat gewinnt in Jekaterinburg

Bei der Bürgermeisterwahl in der russischen Millionenstadt Jekaterinburg am Ural hat der Oppositionelle Jewgeni Roisman den Machtkampf gegen die Kremlpartei für sich entschieden. Der 50 Jahre alte landesweit bekannte Anti-Drogen-Kämpfer kam nach Auszählung aller Wahlzettel auf 30,11 Prozent der Stimmen. Das teilte der Leiter der örtlichen Wahlkommission, Ilja Sacharow, der Agentur Interfax am Montag mit.

Der Vertreter der Regierungspartei Geeintes Russland, Jakow Silin, kam demnach auf 26,48 Prozent. Das seien 14 000 Stimmen weniger als für Roisman, der als Leiter des Projekts „Stadt ohne Drogen“ viele prominente und reiche Unterstützer hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Ich gratuliere Sobjanin zum Wahlsieg. Der charismatische Sobjanin hat über 20% Vorsprung auf den Zweitplatzierten und die Wahl damit souverän für sich entschieden.

     

    @Snowden

    Zu einer Demokratie gehört auch, dass man verlieren kann und eine Niederlage akzeptiert. Der Zweitplatzierte konnte trotz massivster Propaganda und agressiver Parolen nur eine Minderheit der Moskauer für sich begeistern. Das sollten er und seine Anhänger einfach mal akzeptieren. Es ist schon auffalled, dass gerade die, die stets lauthals mehr Demokratie in RU fordern, selbst am wenigsten bereit sind, die demokratischen Spielregeln zu akzeptieren.

     

    @Stev

    Sehe ich auch so. Wer zahlt befiehlt. Golos (wie so viele NGOs in RU) ist von seinen Geldgebern aus den USA abhängig und erfüllt deren Vorgaben.

  • Mit der Ansage von Herrn Putin wurde wieder Herr Sobjanin „gewählt“. Natürlich hat er ihn auch bei der Wahl davor erwählt. Jetzt gab es wieder mal Proteste und wohl eine Klage, schon vor der Wahl, als Herr Putin in einem Interview den Sieg Sobjanins „vorausgesagt“ haben soll.

     

    Die Wahlen sind eine Formalität, um einer Scheindemokratie gerecht zu werden. Es gibt zwar einige Verpflichtungen für die Regierenden in Russland, aber scheinbar nur auf dem „Papier“, dass sich Gesetze nennt. Wäre jetzt Herr Berezovsky noch am Leben, würde er zustimmen.

  • S
    Stev

    "Die unabhängige Organisation Golos bezweifelte..." Golos ist nicht unabhängig, wird durch eine halbstaatliche Organisation aus den USA finanziert, um auf diesem Wege die Öffentlichkeit im Sinne der US-Außenpolitik zu beeinflussen. Das sollte auch der TAZ bekannt sein.

     

    Lt. Wikipedia: "Bei der Präsidentenwahl 2012 wurden bereits vor der Wahl von Golos Berichte über Wahlfälschungen verbreitet, die von westlichen Medien eins zu eins wiedergegeben wurden. Eine der tragenden Organisationen für die Finanzierungen bildete der halbstaatliche Arm der US-Außenpolitik die National Endowment for Democracy (NED).

    Golos tauchte als faktische einzige Quelle in Berichten über Wahlmanipulationen in den deutschsprachigen Medien auf."