Slowenische EU-Kommissarin: Rochade mit Schamanin

Sloweniens Entwicklungsministerin soll trotz mangelnder Expertise zur Verkehrskommissarin aufsteigen – dazu ist sie noch Esoterikerin.

Violeta Bulc soll EU-Kommissarin werden. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Kann eine Esoterikerin, die von Verkehrspolitik keine Ahnung hat und Brüssel nur als Touristin kennt, innerhalb einer Woche zur EU-Transportkommissarin aufsteigen? Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat entschieden und diese Frage mit Ja beantwortet.

Nun muss das Europaparlament die Slowenin Violeta Bulc auf Herz und Nieren prüfen. Sie soll bereits am kommenden Montag angehört werden – das könnte turbulent werden.

Bulc rückt für Alenka Bratusek nach, die beim Hearing im Parlament bereits mangels Expertise durchgefallen war. Doch während Bratusek wenigstens über langjährige Regierungserfahrung verfügte und mit der EU-Politik vertraut war, fehlen der 50-jährigen Bulc jegliche Mindestvoraussetzungen. Sie gehört der Regierung in Ljubljana erst seit einem Monat an – als Entwicklungsministerin und Vizeregierungschefin.

Mit der EU hatte die Nachrückerin bisher nur als Unternehmensberaterin bei Entwicklungsprojekten zu tun. Mit Transportpolitik – ihrem künftigen Ressort – noch gar nichts. Überhaupt scheint Politik nicht ihre Leidenschaft zu sein. In den 80ern spielte sie im Team der jugoslawischen Nationalmannschaft Basketball, später wandte sie sich der Esoterik zu und lehrte das Laufen über Feuerringe.

„Eine Farce“

Bulc habe einen „hervorragenden Eindruck“ gemacht, sagte Juncker nach einem Termin mit Bulc, die von Sloweniens Regierung nominiert worden war. Auch die EU-Liberalen sind begeistert. Schließlich gehört Bulc der liberalen Parteienfamilie an. Sie werde mehr „unternehmerischen Geist“ nach Brüssel bringen, verkündete Liberalen-Chef Guy Verhofstadt stolz. Doch ausgerechnet bei den Konservativen, denen Juncker seine Wahl zum Kommissionschef verdankt, gibt es massive Vorbehalte. Die Nominierung Bulcs sei „eine Farce“, schimpfte der Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul.

Nun muss sein Parteifreund Manfred Weber (CDU), der die konservative EVP-Fraktion leitet, versuchen, seine Truppen auf Linie zu bringen. Die Argumentation ist dabei immer dieselbe: Das EU-Parlament habe Juncker aufs Schild gehoben, nun dürfe man ihn nicht schwächen. Zudem dürfe es keine Verzögerung mehr bei der Bestätigung der neuen Kommission geben.

Man habe keine andere Wahl, als Junckers Zeitplan zu akzeptieren, heißt es sogar im Umfeld von Reinhard Bütikofer, dem Chef der europäischen Grünen. Auch die Sozialdemokraten signalisieren Zustimmung. Sie gewinnen nämlich durch die Nominierung Bulcs einen Vizepräsidenten hinzu: Der Slowake Maros Sefcovic, bislang für Transport vorgesehen (und hier sogar auch Experte), soll sich nun um Energie kümmern.

Mit der Rochade will Juncker sein ohnehin umstrittenes Team durch die entscheidende Parlamentsabstimmung am kommenden Mittwoch bringen – an der EU-Novizin Violeta Bulc dürfte diese jedenfalls nun nicht mehr scheitern.

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