: Sleep-in für den Schulanbau
■ Eltern, Lehrer und Schüler mit gemeinsam gegen die Bildungspolitik
Eltern, SchülerInnen, Lehrerschaft — sie alle haben genug von den Vertröstungen des Bildungssenators. Mit gemeinsamen Aktionen und Protesten wenden sie sich jetzt an die Öffentlichkeit und hoffen, daß sie die Haushaltsberatungen noch beeinflussen können. Denn die 10 Millionen Mark mehr im Bildungsetat, mit denen Senator Henning Scherf sich brüste, seien ein Witz, wenn man bedenkt, daß allein der Neubau in Osterholz-Tenever rund 28 Millionen verschlinge, erklärte Elternsprecher Hemmelskamp (Schule an der Oderstraße) der taz. In den Haushaltsberatungen der SPD seien die Bedarfe, die der Bildungssenator errechnen ließ, nicht ausreichend berücksichtigt worden — obwohl sie außerdem noch viel zu niedrig angesetzt seien, betonen Zentralelternbeirat, GEW und Gesamtschülervertretung.
Bis 1995 müßten 1.500 LehrerInnen eingestellt werden, um Pensionierungen auszugleichen und den jetzigen Versorgungsstand zu halten. Lehr- und Lernmittel seien vielfach veraltet und müßten ersetzt werden: die entsprechenden Etats der Schulen seien zum Teil um 60 % zurückgegangen. Dafür reichen die jetzt veranschlagten 600.000 Mark nicht aus. Und das Schulschließungskonzept von 1984, das von völlig falschen Prognosen ausgegangen war, führte zu einer Schulraumnot, die Sofortmaßnahmen nötig macht: eine neue Grundschule in Tenever, die Erweiterung der Grundschule Schmidstraße (vgl. nebenstehenden Artikel), sowie den ausstehenden Anbau der Gesamtschule Mitte und die Wiedereröffnung der Schule am Leibnizplatz. In einer gemeinsamen Podiumsdiskussion forderten GEW, Zentralelternbeirat und Schülervertretung am Montag Abend: „Wir wollen vor der nächsten Bürgerschaftswahl wissen, wieviele Stellen und Mittel die Schulen bis 1995 erhalten sollen.“
Zwei Drittel der SchülerInnen von der Gesamtschule Mitte hatten gestern Nacht in ihren Klassenräumen geschlafen, begleitet von Eltern und Lehrern. Sie wollten mit ihrem „Sleep in“ die Verbundenheit mit ihrer Schule demonstrieren. In einer gemeinsamen Begehung hatten sich Eltern- und Behördenvertreter ein Bild vom desolaten Zustand der Schule am Leibnizplatz verschafft. Vorläufiges Resümee: Allein zur Sanierung des Mitteltraktes sind mindestens 900.000 Mark nötig.
Im Schulzentrum Hermannsburg hatten Schüler, Eltern und Lehrer zu einer gemeinsamen Pressekonferenz geladen. Das Zentrum, daß sich berechtigte Hoffnung auf Modellförderung aus Bundesmitteln als Stadtteilschule macht, ist seit Jahren nicht renoviert worden. Konsequenz: Die Wände sind mangels Außenisolierung so feucht, daß keine Farbe mehr hält und bereits eine Tafel herunterfiel. Zerbrochene Fensterscheiben wurden von der Behörde nicht ersetzt, sondern nur mit Silikon und Glas „verklebt“, in Treppenhäusern sogar nur mit Sperrholz vernagelt. Mit den einst fortschrittlich eingebauten Lärmschutzfenstern lassen sich Fachräume (z.B. Chemie, Biologie) nur mit Ventilatoren belüften, die nach Aussage des Hochbauamtes nur noch ein Drittel ihrer ursprünglichen Leistung bringen. Neuerdings berichten LehrerInnen von verstärkten Kopfschmerzen der Kinder. Den Fachlehrer fiel auch auf, daß sich ihre Kunstharzpräparate verändern: Die zu Demonstrationszwecken in durchsichtige Quarzblöcke gegossenen Tierpräparate sind nicht mehr zu erkennen. „Hier müßten mal Schadstoffuntersuchungen durchgeführt werden“, meint Horst-Jörg Hinze von der Schulleitung. ra
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