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Ski-AlpinAichers Zeiten kommen

Beim Weltcup in St. Moritz schlägt Emma Aicher die US-Amerikanerin Lindsey Vonn. Die Generation Ü30 und Ü40 tritt langsam ab.

Generationen-Vereinigung: Siegerehrung des Abfahrtsrennens mit Emma Aicher, Lindsey Vonn und Sofia Goggia Foto: Wermuth/reuters

D as Ende der Tage im Engadin war ein bisschen schmerzhaft. Emma Aicher geriet am Sonntag im Super-G nach nur ein paar Fahrsekunden bei einem kleinen Sprung in Rücklage und schied aus. Aber was bleibt außer dem kleinen Schreck bei dem Sturz am Sonntag, ist die zweite Weltcup-Abfahrt in St. Moritz 24 Stunden zuvor. Der Sieg der 22 Jahre alten Skirennläuferin vom SV Mahlstetten, ihr dritter in einem Weltcup-Rennen. Aicher sprach in der eigenen unaufgeregten Art davon, „sehr zufrieden mit meiner Fahrt“ gewesen zu sein. Dass das aber ein bisschen untertrieben war, zeigte ihr fast überschwänglicher Jubel beim Blick auf die Zeittafel, nachdem sie im Ziel abgeschwungen hatte.

Alleine ganz oben auf dem Podest zu landen, ist für die junge Aicher noch etwas Besonderes. Aber erst recht, wenn links und rechts davon zwei der ganz Großen in der Abfahrt stehen, Weltmeisterin und Olympiasiegerin Lindsey Vonn als Zweite und Sofia Goggia, Gewinnerin der Goldmedaille bei den Winterspielen in Pyeongchang 2018, als Dritte. Die eine hatte am Tag zuvor bei ihrem 83. Weltcup-Sieg mit 41 Geschichte geschrieben, die andere möchte das im kommenden Februar mit einem weiteren Olympiasieg in ihrer Heimat Italien.

In St. Moritz wurde vom Duell Alt gegen Jung, oder höflicher formuliert: Etabliert gegen Aufstrebend gesprochen. Entschieden haben ihn am Ende die Jüngeren für sich – dank des Sieges der Neuseeländerin Alice Robinson im Super-G. Die Generation Ü30 mit ein paar Ausnahmeathletinnen ist bald Geschichte. Ob die verletzten Federica Brignone (Italien) und Lara Gut-Behrami (Schweiz) noch einmal zurückkommen, ist sehr fraglich. Die 33 Jahre alte Goggia mag von Vonn inspiriert sein und noch ein paar Jahre dranhängen, aber mit 41, sagte sie zuletzt, werde sie nur noch als Touristin auf der Piste zu finden sein. Und Vonn hat angekündigt, dass nach Olympia Schluss ist, spätestens am Saisonende. Der Skisport, die FIS, braucht also neue Ski-Heldinnen, neben Mikaela Shiffrin, die auch schon 30 ist und wohl bald ihren Fokus verändern wird.

Noch setzt Vonn Maßstäbe. Aber Aicher ist in der Lage, darauf zu reagieren.

Noch setzt Vonn Maßstäbe in der Abfahrt. Aber Aicher ist in der Lage, darauf zu reagieren. Bei der ersten Abfahrt am Freitag hatte sie auf ihr Skigefühl vertraut und war Fünfte geworden, die US-Amerikanerin dagegen auf eine aggressive Linie am Limit und damit die Konkurrenz düpiert. Sie habe ein paar Dinge korrigiert, sagte Aicher bei Eurosport. Am Tag zuvor sei sie bei „ein paar Schwüngen ein bisschen reingeschmiert“, statt auf der Kante zu fahren.

Nicht brav, sondern immer frecher

Cheftrainer Andreas Puelacher hatte seiner Athletin bei der Analyse am Freitagabend mit auf dem Weg gegeben, „etwas zu ändern, wenn du nach ganz vorne willst“. Sie sei zu brav gefahren, stellte der Österreicher fest. Seine Ansage deshalb vor dem Rennen: „Wir fahren frecher.“

Die Stärke von Aicher ist, dass sie sich schnell umstellen kann. In der Vorbereitung hat sie kaum die schnellen Disziplinen trainiert hat. Die Erklärung, wie das funktionieren kann, ist für Aicher ganz einfach: „Ich habe einfach Spaß am Skifahren.“

Spätestens mit ihrem dritten Platz beim Slalom von Levi Mitte November hat Aicher die deutschen Hoffnungen geschürt, wieder einmal den Gesamtweltcup zu gewinnen. Aber angesichts der Dominanz von Mikaela Shiffrin im Slalom und der Klasse von Robinson in gleich zwei Disziplinen muss Aicher dazu wohl in drei Disziplinen auf dem Podest landen.

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