■ Gastkommentar: zur Bischofswahl: Skeptische Sympathie
Wolfgang Huber ist bei vielen Leuten der DDR-Kirche bekannt als ein Mann des Kirchentages. Der Kirchentag selbst ist eine Laienbewegung, die viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens reflektiert, wo Christen sich den gesellschaftlichen Fragen stellen. Von daher ist die Entscheidung der Synode eine, die viele mittragen können und werden, selbst wenn sich viele einen Menschen aus der ehemaligen DDR an der Spitze der Berlin-Brandenburgischen Kirche gewünscht hätten.
Daß Almuth Berger nicht gewählt wurde, ist bedauerlich, weil sie die Bürgerrechtsbewegung der DDR repräsentiert als eine Frau, die die Initiative zur Absage an Geist, Logik und Praxis der Abgrenzung mitgetragen hat, zu den GründerInnen der Bewegung „Demokratie Jetzt“ gehörte, politisch im Umbruchprozeß der DDR sehr aktiv war und jetzt aktiv ist in der Ausländerarbeit. Sie ist eine Frau der Gemeindearbeit und der Arbeit an den gesellschaftlichen Perspektiven der Kirche. Das wäre ein wichtiges Signal gewesen – und auch eine Herausforderung für die Berlin-Brandenburgische Kirche.
Diese Herausforderung ist nicht angenommen worden. Das ist bedauerlich, doch die meisten in unserer Kirche können mit dieser Entscheidung für Wolfgang Huber leben. Gilt doch dieser als ein Mann, der den Protestantismus auch kritisch reflektiert. Die Praxis weist ihn als einen sehr nachdenklichen und als einen sehr umsichtigen Menschen aus, der auch die Aspekte der Bürgerbewegung berücksichtigen wird.
Wolfgang Huber gilt nicht als ein konservativer Theologe, der restaurativen Tendenzen folgt, sondern er ist zweifellos zu verstehen als ein Mann der klaren Reformen. Er wird sich den gesellschaftlichen Fragen stellen. Dabei wird er skeptisch beobachtet werden, ob er sich nicht doch als ein Besserwessi entpuppt – doch diese Betrachtung ist nicht nur skeptisch, sondern wird mit sympathisch-kritischer Anteilnahme erfolgen. Rudi Pahnke
Pfarrer und Studienleiter an der Evangelischen Akademie und früherer DDR-Bürgerrechtler
Siehe Beitrag auf der Seite 22
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen