■ McCASH FLOW: Skepsis
Frühlingsgefühle wollen bei den deutschen Börsenprognostikern derzeit nicht so recht aufkommen — trotz freundlicher nach-österlicher Kursentwicklung am Aktienmarkt geben sich die Propheten eher skeptisch: Die Zugewinne beim Deutschen Aktienindex (DAX) in den letzten Wochen seien der guten Stimmung an den Weltbörsen, vor allem in Wall Street, zu verdanken gewesen — gehe diesen Lokomotiven die Luft aus, sei eine umso kräftigere Reaktion des DAX zu erwarten.
Sich aus eigener Kraft dann wieder aus dem Sumpf zu ziehen, dazu ist der deutsche Aktienmarkt nach Ansicht der Experten nicht in der Lage: Die Situation in Ostdeutschland, die im Sommer greifenden Steuererhöhungen und die sinkenden Gewinnmargen der Unternehmen werden als Gründe für die erwartete Aktienschwäche angeführt.
Einige Kreditinstitute emppfehlen ihren Anlegern deshalb jetzt, die durchaus stattlichen Gewinne der letzten Wochen mitzunehmen — daß der DAX die Widerstandsmarke von 1.600 Punkten (Stand zum Wochenbeginn 1.586 Punkte) überschreite, sei unwahrscheinlich, eher sei ein technischer Rückfall auf ein Niveau um 1.500 Punkte zu erwarten, bei dem man dann wieder zugreifen solle.
Die Skepsis am Aktienmarkt leitet sich von der Situation am Rentenmarkt her: Hier sehen die Beobachter wenig bis keinen Spielraum für Zinssenkungen. Wenn überhaupt, dann wird dem weiterhin kräftigen US-Dollar ein kleines Zinssenkungspotential zugetraut, welches der Aktien-Lokomotive Wall Street dann wieder etwas mehr Fahrt und dem DAX als Trittbrettfahrer Luft nach oben geben könnte. Einer der treffsichersten europäischen Börsenauguren, Roland Leuschel, sieht das freilich ganz anders: Für ihn ist angesichts der weiter gewachsenen Weltverschuldung die Möglichkeit fallender Zinsen derzeit äußerst gering. Er warnt vielmehr vor einem Rückschlag des Dow-Jones-Index auf 2.000 Punkte (von z.Zt. 2.850), mit den entsprechenden Konsequenzen für die europäischen Aktienbörsen. Optimistisch zeigt sich Leuschel dagegen für eine ziemlich in Vergessemnheit geratene Anlageform: Dem Gold, so der in Brüssel tätige Finanzanalytiker, könne in nächster Zeit durchaus wieder neuer Glanz zukommen.
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