Skandal um Spaniens Alt-König: Audioaufnahmen von Juan Carlos I. veröffentlicht
Welche Rolle spielte Spaniens damaliger König beim Putschversuch im Jahr 1981? In nun geleakten Gesprächen mit seiner Geliebten gibt er Hinweise.
Kurz darauf erschienen auf spanischen Internetseiten auch Audiomitschnitte: Im Gespräch mit seiner Geliebten beklagt der Monarch sich über sein Privatleben mit Königin Sofia, lässt sich über Politiker aus und macht Andeutungen zum gescheiterten Putschversuch am 23. Februar 1981.
Er lebe in einem getrennten Flügel des königlichen Sitzes im Waldgebiet El Pardo vor den Toren Madrids, berichtet der Monarch: Sofia schließe sich in ihrem Zimmer ein. Sie sei sauer auf ihn. Und fügt dann hinzu: „Für mich ist das super bequem. Als Königin erfüllt sie ihre Aufgaben hervorragend. Sie hält alles aus und macht sich mit keinem anderen davon.“
Juan Carlos I. hat seit Langem den Ruf eines Frauenhelden. Im Jahr 2014 dankte er nach einem Skandal ab: Er brach sich bei einer geheimgehaltenen Elefantenjagd eine Hüfte. Auch zu dieser Zeit war der Monarch in Begleitung „einer speziellen Freundin“, der Deutschen Corinna zu Sayn-Wittgenstein.
König Juan Carlos I. galt einmal als Retter der Demokratie
Am brisantesten sind Audiomitschnitte zum gescheiterten Putsch am 23. Februar 1981, nur knapp drei Jahre nach der Verabschiedung einer demokratischen Verfassung und dem damit einhergehenden endgültigen Ende der Diktatur in Spanien: „Ich kann über Alfonso Armada nur lachen, Liebling. Sieben Jahre im Gefängnis und dann geht er in sein Landhaus in Galicien und sagt kein einziges Wort“, lobt Juan Carlos I. seinen engen Vertrauten, der bis 1977 Stabschef im Königshaus war. General Armada war einer der Anführer des Putsches am 23. Februar 1981.
Stunden, nachdem die Armee in mehreren Kasernen des Landes mit Panzer ausgerückt war und die Guardia Civil das Parlament besetzt hatte, trat König Juan Carlos I. in Uniform des Oberbefehlshabers der Streitkräfte im Fernsehen auf und verurteilte den Putschversuch. Seither gilt der Monarch, der einst von Diktator Francisco Franco als Nachfolger bestimmt worden war, als Retter der Demokratie.
Dennoch rissen die Gerüchte nie ab, der Monarch selbst sei eingeweiht gewesen. Erst als der Staatsstreich nicht so lief, wie geplant, habe er ihn verurteilt. Dokumente, die das bestätigen oder widerlegen könnten, sind bis 2031 unter Verschluss und damit wohl bis nach dem Tod aller Beteiligten.
Die Mitschnitte wurden vermutlich vom Sohn der Schauspielerin Rey der Presse zugespielt. Seine Mutter hatte sie wohl zur eigenen Sicherheit aufgenommen. Nachdem 1997 in ihre Wohnung eingebrochen wurde und – vermutlich vom spanischen Geheimdienst – Fotos und andere Unterlagen geraubt wurden, traf sich Rey mit einem königlichen Gesandten. „Der König steht in meiner Schuld. Ich war nie eine Nutte. Aber wenn ich es sein muss, werde ich die teuerste Nutte der Welt sein. […] Ich kann ihn die Krone kosten“, warnte sie empört. Auch davon liegen Mitschnitte vor.
Circa 3,6 Millionen Euro Schweigegeld aus Staatskassen
Schließlich erkaufte sich Juan Carlos I. das Schweigen Reys mit Zahlungen aus den Kassen des Geheimdienstes, die sich auf über 600 Millionen Peseten – etwa 3,6 Millionen Euro – summiert haben sollen. Alle Regierungen, egal welcher politischen Ausrichtung, deckten den Monarchen. Erst in den 2000er Jahren wurden die jährlichen Zuwendungen eingestellt.
Die Mitschnitte beschäftigen seit Tagen die spanischen Talkshows. Die einen machen daraus die Geschichte einer bösartigen Geliebten, die den König erpresst und der „armen Königin Sofia“ Schaden zufügt. Die anderen stellen den Monarchen in den Vordergrund.
In einer der Aufnahmen warnt Juan Carlos I. vor Linken und Intellektuellen „die hinter einer Sache stecken, die Republik heißt“. 30 Jahre nachdem diese Aufnahmen gemacht wurden, ist die Monarchie unbeliebter denn je – nicht zuletzt dank des Lebenswandels des Altkönigs. Diesen Imageverfall muss jetzt Thronfolger Felipe VI. aussitzen – während Vater Juan Carlos I. sein Millionenvermögen im Golfemirat Abu Dhabi genießt. Wie genau er es angehäuft hat, bleibt ungewiss. Am arabischen Golf lebt er fernab des spanischen Fiskus. In seiner Heimat wurde seit Jahren gegen ihn ermittelt – schließlich wurden die Ermittlungen eingestellt. Denn ein König gilt laut Verfassung als „unantastbar“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo