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Skandal um Republikaner Chris ChristieStau auf dem Weg ins Weiße Haus

Die Hoffnung auf die US-Präsidentschaft könnten sich für den Gouverneur zerschlagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines künstlich erzeugten Mega-Staus.

Brücke ins Nirgendwo: An der zufahrt zur George-Washington-Bridge hatte sich im September 2013 ohne Not der Verkehr gestaut. Bild: ap

TRENTON ap | Nach Veröffentlichung weiterer interner Dokumente im „Stau-Skandal“ kämpft der republikanische Hoffnungsträger Chris Christie ums politische Überleben. Der Gouverneur von New Jersey versuchte zwar zuvor den Befreiungsschlag und beteuerte, nichts mit den Vorgängen zu tun zu haben. Doch inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.

Christie hatte am Donnerstag eine seiner engsten Beraterinnen gefeuert, weil sie als Racheaktion gegen einen politischen Rivalen ein Verkehrschaos in dessen Beritt organisiert haben soll. Auf ihre Anweisung hin sollen zwei von drei Spuren auf die George Washington Bridge von New Jersey nach New York gesperrt worden sein, was vier Tage Dauerstau an einer der verkehrsreichsten Brücken der Welt zur Folge hatte. Die Aktion sollte den demokratischen Bürgermeister von Fort Lee treffen, der Christie vor dessen Wiederwahl zum Gouverneur im Herbst die Unterstützung verweigert hatte.

Hunderte neue interne Dokumente und E-Mails, die am Freitagabend veröffentlicht wurden, werfen ein Schlaglicht auf den massiven Ärger, die die offenbar künstlich erzeugte Verkehrsbehinderung bei Bürgern und verantwortlichen Funktionären auslöste. „Ich hatte gerade ein unangenehmes Gespräch mit dem Polizeichef von Fort Lee und dessen Stellvertreter über den Stau im Bezirk, der den reibungslosen Verkehrsfluss von Notfallfahrzeugen“ verhindere, schrieb der für die Brücke zuständige Manager Robert Durando etwa am 9. September in einer Email. „Fort Lee ist nicht glücklich“, fügte er hinzu.

In einer weiteren Email, in der vier Tage später die Wiedereröffnung der Spuren angeordnet wurde, äußerte der Chef des Brückenbetreibers, Patrick Foye, harsche Kritik. Die Entscheidung, die Spuren zu schließen, sei „Missbrauch“, schrieb er. „Ich glaube, dass dieser hastige und unkluge Beschluss einen Verstoß gegen das Bundesgesetz darstellt“. Die Mail soll der damalige Vizechef Bill Baroni dann an die Sekretärin von Christie weitergeleitet haben.

In einer anderen Nachricht Baronis an Foye hieß es dann später: „Ich bin gerade auf dem Weg ins Büro, um darüber zu sprechen. Es darf keine öffentliche Diskussion geben“. Foye entgegnete: „Bill, das ist genau das Problem: Es gab keine öffentliche Diskussion darüber“.

Der für seine unverblümte Rhetorik bekannte Christie war zuvor mit einer wortreichen Entschuldigung in die Offensive gegangen. Er fühle sich durch das Verhalten einiger Personen in seinem Team gedemütigt, sagte er auf einer fast zweistündigen Pressekonferenz. Er selbst habe von der Aktion nichts gewusst und sei tief enttäuscht von seiner Vizestabschefin Bridget Anne Kelly.

Der mögliche Präsidentschaftskandidat gilt – anders als viele seiner republikanischen Parteikollegen – als Pragmatiker, der sich um die Belange kleiner Leute kümmert. Der Stau-Skandal – auch „Bridgegate“ genannt – kratzt an diesem Image.

Die Demokraten in New Jersey könnten die Affäre nun noch monatelang ausschlachten und Christie immer wieder zur Rechtfertigung zwingen. Denn nicht nur der US-Staatsanwalt Paul Fishman hat Ermittlungen aufgenommen, sondern auch die Aufsicht über die Verkehrsgesellschaft Port Authority, die auf Anweisung aus Christies Büro den Stau ins Werk gesetzt haben soll.

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