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■ KommentarSinnloser Protest?

Warum ist eigentlich die GAL-Politikerin Anna Bruns die einzige, die sich bei den hungerstreikenden Flüchtlingen blicken läßt? Keine Bischöfin, kein Senator und erst recht kein Henning Voscherau in Sicht. Der macht sich ja dieser Tage andere Gedanken, wie wir die Ausländer nicht nur aus unserem Land, sondern auch noch aus unseren Stadtteilen heraushalten können. Setzt sich seine Idde von einer Grundgesetzänderung eines Tages durch, wäre es genauso selbstverständlich „geltendes Recht“, aus Stadtteilen abzuschieben wie heute von bundesdeutschem Territorium.

Auch die, die ursprünglich Bedenken und Kritik am Asylkompromiß hatten, gewöhnen sich allzuschnell an „geltendes Recht“. Es tut weh, dort hinzugucken, es ist anstrengend, sich einzelne Schicksale vor Augen zu führen. Es ist bequem, die Wohnschiffe zu haben, von denen die Asylbewerber, eh sie sich versehen, wieder abgeschoben werden. Den Widerspruch sollen sie dann von ihrem Heimatland aus durchfechten. Das ist „geltendes Recht“, auch wenn sie dort im Gefängnis sitzen oder hingerichtet werden.

Verantwortlich ist inzwischen keiner mehr dafür. Die Hamburger Behörden verweisen aufs Bundesamt, und das wiederum kennt sich in Hamburger Angelegenheiten nicht aus, leitet an seine Hamburger Außenstelle weiter, die wiederum hat keinen Sprecher. Genial. Die Sozialbehörde bemüht sich derweil um Kritik-resistente Verpflegung und Unterkunft. Für das Seelenheil der so verwalteten Menschen ist sie nicht zuständig.

Der Protest sei sinnlos, heißt es. Geltendes bundesdeutsches Asylrecht könne eine Hamburger Behörde nicht ändern. Das stimmt vielleicht. Aber eine Hamburger Behörde kann zulassen, daß die schlimmen Folgen dieser Gesetze und der Protest dagegen sichtbar werden. Der Verzicht auf die Räumung der Kantine wäre ein erster Schritt.

Kaija Kutter

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