Simbabwe und die Krise in Libyen: Gaddafis Schatten über Mugabe
Kämpfen Soldaten aus Simbabwe für Libyens Diktator? Viele sagen es, aber bestätigen kann es niemand. Hillary Clinton schlägt vor: Mugabe könnte Gaddafi Exil bieten.
JOHANNESBURG taz | Falls Gaddafi geht, führt ein Weg nach Simbabwe. Sein enger Freund Robert Mugabe versucht ebenso wie sein Verbündeter in Libyen, mit Gewalt und Terror gegen den Willen der Bevölkerung an der Macht zu bleiben. Der ehemalige Diktator Äthiopiens, Mengistu Haile Mariam, lebt schon seit zwanzig Jahren friedlich im Exil in Simbabwe.
US-Staatssekretärin Hillary Clinton erklärte bereits, dass für Gaddafi keine Option vom Tisch sei, das schließe auch die Möglichkeit seines sicheren Exils in Simbabwe ein. Ziel sei ein Ende der Gewalt in Libyen; wenn das ein Exil für Gaddafi bedeute, sei das eine gute Sache. Clinton äußerte allerdings auch, sie sei fast sprachlos angesichts der Idee eines Zusammenseins von Gaddafi und Mugabe.
In Simbabwe kursieren derweil Gerüchte über Bewegungen in umgekehrte Richtung: Mugabe soll Gaddafi simbabwische Soldaten geschickt haben. "Wir hören das hier überall, in den Bars und auf den Straßen von Harare", sagt Phillip Pasirayi, Mitarbeiter des zivilgesellschaftlichen Dachverbandes "Crisis in Zimbabwe Coalition". "Wir bemühen uns, aus inneren Kreisen dazu mehr Informationen zu bekommen." Inzwischen wurde Pasirayis Büro in der Hauptstadt Harare von Angehörigen der Mugabe-Partei leergeräumt.
Die Exilanten-Webseite "Zimdiaspora" in Großbritannien spricht von einem geheimen Abkommen zwischen Gaddafi, Mugabe und General Constantine Chiwenga, Simbabwes Armeechef. Am Dienstag letzter Woche seien demnach mehrere hundert Soldaten und einige Luftwaffenpiloten aus Harare abgeflogen. Sie sollen mit anderen Truppen aus Tschad, Elfenbeinküste und Mauretanien gegen die Aufständischen in Libyen kämpfen.
Eine alte Freundschaft
Die Süd-Nord-Freundschaft blüht schon lange: Gaddafi bildete vor zehn Jahren Mugabes Leibwache aus, er hat Mugabe mit Öl geholfen, und sein Sohn Saadi soll kürzlich eine Konzession zum Schürfen von Diamanten in Marange in Simbabwe erhalten haben.
Verteidigungsminister Emmerson Mnangagwa - er gilt als ein Anwärter auf die Nachfolge des 87-jährigen Mugabe - konnte die Truppenentsendung im Parlament weder dementieren noch bestätigen, was die Spekulationen erst recht anheizte. Henri Boshoff vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS) glaubt aber nicht daran: "Ich komme direkt aus Tripolis und höre aus diplomatischen Kreisen dort, dass es nicht stimmt."
Die Opposition in Simbabwe verfolgt die Volksaufstände in Nordafrika genau und versucht, sich davon inspirieren zu lassen. Die Staatsmacht reagiert mit Einschüchterung. Munyaradzi Gwisai, Koordinator der "Internationalen Sozialistischen Organisation" in Harare, sowie 45 Studenten, Gewerkschafter, Anwälte und Aktivisten wurden am 19. Februar im "Labour Law Centre" in Harare verhaftet. Sie sitzen immer noch in Haft und sind wegen Landesverrat angeklagt.
"Alles, was sie taten, war, ein Video über die Proteste anzusehen, die zum Sturz der Präsidenten von Ägypten und Tunesien führten", sagt Phillip Pasirayi. "Wir sehen einen Trend, immer mehr Menschenrechtsaktivisten zu verhaften." Eine klare Botschaft, jegliche Form von Aufständen wie in Nordafrika im Keim zu ersticken.
Mugabe entsendet seine Truppen auch im eigenen Land in Regionen, in denen er sich einen Vorteil für spätere Wahlen verschaffen will, sagt Pasirayi. Besonders in Manicaland und Masvingo, aber auch im Süden Harares setzten die "grünen Bomber", die Jugendmilizen, Bewohner unter Druck. "Da sind die Wähler, die bei den Wahlen 2008 zur MDC übergelaufen waren, sie sollen jetzt wieder auf Kurs gebracht werden", sagt Pasirayi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann