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Silvester 2020 in BerlinAusnahmezustand an Silvester

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Der Jahreswechsel ins Jahr 2021 blieb in Berlin trotz vieler Warnungen recht friedlich. Die meisten hielten sich an Einschränkungen und Böllerverbote.

Ausnahmezustand an Silvester: Wegen Corona gab es weniger Schwerverletzte und Geböller Foto: dpa

V on dem „Wahnsinn“, den Polizeigewerkschafter Norbert Cioma (GdP) vor Silvester mit Blick auf angeblich unkontrollierbare 56 Böllerverbotszonen prophezeit hatte, war wenig zu sehen: Silvester in Berlin war deutlich ruhiger als sonst. Die Straßen der Hauptstadt waren in der Nacht und auch am Neujahrsmorgen verhältnismäßig leer. Und das gilt sowohl für Menschenansammlungen als auch für den Pyro-Müll, der sonst die Straßen wochenlang mit bräunlichem und stinkendem Schwefelmatsch übersät.

Das Unfallklinikum Berlin hatte am Neujahrsmorgen lediglich 10 schwerverletzte Sprengstoffopfer in der Handchirurgie zu verarzten – im vergangenen Jahr waren es 53 gewesen. Auch Polizei und Feuerwehr sprachen von einem verhältnismäßig ruhigen Jahreswechsel. Zwar habe es erneut Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben – aber alles in deutlich geringerem Umfang als sonst.

Hinzu kamen vereinzelte Verstöße gegen die Kontaktbeschränkungen sowie das pandemische Alkoholverkaufsverbot. Aber die schlimmsten Meldungen am Neujahrsmorgen kamen aus Peripherie und Provinz: In Berlin-Buckow ist ein Supermarkt abgebrannt und im Brandenburger Landkreis Oder-Spree hat sich ein 24-Jähriger offenbar mit selbst gebautem Sprengstoff getötet.

Für ein ruhiges Silvester in Berlin braucht es also nichts weniger als 56 Böllerverbotszonen, Pyro- und Alkoholprohibition sowie einen Lockdown und Kontaktbeschränkungen während einer Pandemie. Kolleg:innen und Bekannte berichteten sogar von seelenruhigem Schlaf ab 23 Uhr im Herzen von Kreuzberg und Neukölln. Jemand, der sonst niemals nach 0 Uhr auf die Straße gehen würde, sagte: Silvester war in diesem Jahr nur gefährlich und nicht sehr gefährlich.

Nostradamus' Prophezeiungen sind nicht eingetreten

Früher war mehr Pyro

Der überwiegende Teil der Be­woh­ner:innen hielt sich laut Polizei an Kontakt- und Böllerverbote. Die Menschheit, sogar die in Berlin, ist also doch nicht so schlecht, wie der Polizeigewerkschafter Norbert Cioma (GdP) noch vor Silvester befürchtet hatte: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir an Silvester auf den Straßen auf weniger Zuspruch treffen, sich zahlreiche alkoholisierte Menschen in Gruppen versammeln und sich angestauter Frust und Unverständnis über politische Entscheidungen in Angriffen auf Polizei und Feuerwehr entlädt“, nostradamuste der Gewerkschafter zwei Tage vor dem Jahreswechsel.

Demgegenüber bestätigte die Polizei am Neujahrsmorgen, dass sich die Mehrheit der Berliner:innen an die Regeln gehalten hätte. So wichtig ist das Geböller während der Pandemie dann also doch nicht.

Erkenntnisse oder Regeln für das nächste Jahr lassen sich daraus allerdings nicht ableiten: Die 56 Böllerverbotszonen gab es nur aufgrund des Lockdowns. Im nächsten Jahr wird vermutlich bei deutlich weniger Verbotszonen wieder mehr geböllert und heftiger gefeiert werden. Nächstes Jahr dann also wieder normaler Ausnahmezustand.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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